Der Seforno erklärt zu den einleitenden Sätzen unserer Parascha, dass es nur zwei Möglichkeiten gibt, sich zu verhalten: So, dass man den versprochenen Segen erhält, und so, dass man den angedrohten Fluch erhält. Es gibt nach dieser Erklärung keinen Mittelweg. Doch dies steht scheinbar im Widerspruch zu einer bekannten Stelle in der Gemara, die beschreibt, dass zu Rosch Haschana drei Bücher geöffnet werden - die der Gerechten, der Bösewichte, und auch der Mittelmäßigen.
Der Chason Isch erklärt, dass ein "Mittelmäßiger" jemand ist, der zwar jetzt gerade noch nicht alle Gebote erfüllt, der aber den Plan hat, ein Gerechter zu sein. Jemand allerdings, dessen Plan es ist, nur einige Gebote einzuhalten, der also vorhat, mittelmäßig zu bleiben, ist gar nicht mittelmäßig, sondern ein Bösewicht. Denn man kann, wie die Gemara erklärt, in drei Bücher eingeschrieben werden, aber was die Intentionen betrifft, gibt es nur die beiden Wege, die der Seforno beschreibt: Segen und Fluch.
Für uns ist es am Vortag des Schabbat, an dem wir den Monat Elul segnen, wichtig zu wissen, dass wir bereits mit der Absicht, Tschuwa zu machen und alle Gebote schlussendlich einzuhalten, ein "Mittelmäßiger" werden, und dann die Chance haben, uns bis Rosch Haschana und Jom Kippur zu verbessern. Zu planen, mittelmäßig zu bleiben, ist aber keine Option.
Siehe, ich lege vor euch heute Segen und Fluch.
Wenn ich mir nichts bin, wer ist mir! Und wenn ich nur für mich bin, was bin ich! Und wenn nicht jetzt, wann dann!
Die Kommentatoren erkennen im ersten Passuk der Parascha dieser Woche eine Andeutung auf die bekannte Mischna in Pirkej Awot: "Siehe, ich" - "Wenn ich nicht für mich bin, wer ist für mich?"; "lege vor euch" - "Und wenn ich alleine für mich bin, wer bin ich?"; "heute" - "Und wenn nicht jetzt - wann dann?" Und diese drei Gedanken des Pasuk und der Mischna sind auch die Leitlinien für den Monat Elul, den wir so G'tt will diesen Schabbat segnen werden: 1. Man muss selber Tschuwa machen. 2. Es reicht aber nicht, wenn man nur für sich Tschuwa macht. 3. Man muss sofort Tschuwa machen, wenn man weiß nicht, wann man wieder die Gelegenheit dazu haben wird.
Hilel sagte in seiner Beschreibung der Freude bei den Wasserschöpf-Festlichkeiten zu Sukkot im Beit Hamikdasch: "Wenn ich hier bin, ist alles hier. Wenn ich nicht hier bin, ist niemand hier." Dies ist scheinbar sehr arrogant, doch in Wahrheit spielt Hillel darauf an, dass jemand zwar physisch anwesend, geistig aber abwesend sein kann. Nur wenn man wirklich "hier" ist, also auch die Gedanken darauf fokusiert, ist die Anwesenheit bei der Feier relevant. Der Rebbe von Kotzk erklärt, dass man niemand ist, wenn man sich nur duch andere definiert, wenn man sich aber durch sich selbst definiert, dann ist man jemand. Dies ist auch im ersten Pasuk der Parascha angeordnet: "Re'e anochi", sei ein "Ich", definiere dich durch dich selbst.
Die Arbeit im Monat Elul ist dieses Jahr leichter als sonst: Die Welt ist komplett umgekehrt, nichts ist, wie es war. So G'tt will werden wir die Krankheit besiegen, aber die Welt wird nicht so werden, wie sie war, und auch wir sollten uns ändern, verstehen, wer die Welt führt und danach handeln.
Siehe, so gebe ich heute vor euch hin: Segen und Fluch.
Die Tora betont hier, dass es wichtig ist zu wissen, was Segen und was Fluch ist, was also gut ist zu tun, und was nicht getan werden sollte, damit man sich dann richtig verhalten kann. Das ist auch die Quelle der Bracha, die jeden Morgen gesagt wird und den Hahn thematisiert, der zwischen Tag und Nacht unterscheidet. Nach einer Erklärung ist damit das Herz gemeint, dass zwischen Tag, positivem, und Nacht, negativem, unterscheidet. Wir loben G'tt für den Verstand, diese Unterscheidung treffen zu können.
Im Buch Kohelet, das König Schlomo geschrieben hat, erwähnt dieser, dass alles weltliche nichtig ist und beendet das Buch mit der Feststellung: "Ziel des Wortes: Alles wird vernommen; G'tt fürchte und Seine Gebote hüte, denn das ist der ganze Mensch." König Schlomo war unendlich reich, er war der weiseste aller Menschen, die jemals gelebt haben, er kannte alle Vergnügungen dieser Welt. Der "Or Hachaim" ergänzt, dass gerade er daher wirklich feststellen konnte, was gut ist und was schlecht, und daher seinen Rat gab, G'tt zu fürchten und seine Gebote zu hüten.
Genauso verhielt es sich mit Mosche Rabenu: Er kannte den Reichtum im Palast des Pharao genauso wie den Armut der Juden in Ägypten, er kannte Himmel und Erde. Daher konnte er dem Volk darlegen, dass er ihnen Segen und Fluch vorlegen konnte, und dass sie den Segen wählen sollen.
Sehe, ich lege vor euch Segen und Fluch. Den Segen, wenn ihr auf die Gebote hören werdet, und den Fluch, wenn ihr nicht auf die Gebote hören werdet.
Scheinbar anders als in Paraschat Bechukotaj wird in der Parascha dieser Woche zwar erwähnt, dass es Segen und Fluch gibt, aber nicht, worin dieser Segen beziehungsweise Fluch besteht. Doch tatsächlich liegt der eigentliche Segen bereits darin, dass man auf die Gebote hört und der eigentliche Fluch ist bereits das Missachten der Gebote. Denn nicht zuzuhören, wenn einem etwas gesagt wird, ist bereits ein Fluch. Ein Schaden, der einem daraus entsteht, ist eventuell noch eine weitere Auswirkung, aber der Fluch ist bereits das Ignorieren, wenn einem etwas gesagt wird.
In der Parascha dieser Woche wird von den Regeln einer Stadt berichtet, in der alle Bewohner Götzendienst betreiben. Auch wenn die Gemara sagt, dass es so viele Bedingungen für die Einstufung als "Ir Nidachat" gibt, dass es nie eine tatsächlich gegeben hat, ist die Strafe, die über sie verhängt wird auf jeden Fall sehr streng: Alle Bewohner müssen getötet und aller Besitz verbrannt werden. Anschließend steht, dass G'tt dafür "Erbarmen gewähre(n und ...) mit Barmherzigkeit lieben" wird.
Alles, was ein Mensch tut, beeinflusst ihn. Ein Handwerker, der den ganzen Tag Mauern einreißt und große Maschinen bedient, tut sich schwer, mit feinen Werkzeugen Schmuck zu reparieren und genauso verhält es sich umgekehrt. Auch jemand, der mit Kunden zu tun hat, stumpft mit der Zeit ab und sieht diese mehr als Gegenstand denn als Person. Es besteht daher die Gefahr, dass die Vollstrecker des Beit Din, die die Stadt vernichten, von der grausamen Tat beeinflusst werden. Daher ist die Barmherzigkeit G'ttes notwendig, die vor diese, Einfluss schützt.
Nach einer anderen Erklärung ist damit gemeint, dass G'tt hier eine Möglichkeit bietet, dass das Volk Mitleid zeigt und in diesem Verdienst ihm selbst Barmherzigkeit von G'tt zuteil wird. Denn so wie sich der Mensch anderen gegenüber verhält, ist auch das Verhalten G'ttes zu ihm.
So wie ein Richter ein reuiges Verhalten eines Angeklagten zu seinen Gunsten werten kann, so will auch G'tt uns, wenn wir keine Verdienste haben und eigentlich verurteilt werden müssten, eine Chance geben, Verdienste zu erwerben, damit er einen Anlass hat uns trotz mangelnder Verdienste positiv zu richten. Deshalb sollten wir insbesondere jetzt im Elul kurz vor Rosch Haschana die Augen öffnen und sehen, welche Möglichkeiten für Verdienste uns G'tt schickt und die Gelegenheit ergreifen!
Die Parascha dieser Woche beginnt mit den Worten: "Siehe, ich lege vor euch Segen und Fluch." Natürlich drängt sich die Frage auf, weshalb der Pasuk im Singular beginnt und im Plural endet. Die gleiche Frage betrifft auch noch zweite weitere Psukim in der Parascha. Einmal steht: "Und ihr sucht G'tt, und du wirst finden", und ein weiteres Mal steht: "Ihr verlangt nach G'tt und du wirst ankommen."
Die Gemara erzählt ein Gleichnis von zwei Personen, die an der gleichen Krankheit leiden. Doch während der eine geheilt wird, verstirbt der andere. Die Gemara erklärt, dass der eine ein vollständiges Gebet gesprochen hat, der andere aber nicht.
Die Tora will uns sagen, dass der Segen und der Fluch zwar uns allen gegeben wurden, wir aber jeder als Einzelperson sehen müssen, was wir daraus machen, d.h. ob wir durch unser Verhalten den Segen oder den Fluch für uns wirksam werden lassen. So verhält es sich auch bei den anderen Psukim: Wir alle suchen und verlangen nach G'tt, doch ob wir ihn finden und bei ihm ankommen, hängt ganz von jedem Einzelnen ab.
So erhalten wir auch alle im kommenden Monat Elul die Möglichkeit, durch unsere Gebete und unsere Tschuwa zu G'tt zurückzukehren. Doch auch hier gilt, dass jeder einzelne dafür verantwortlich ist, seine Chance zu nutzen.
Siehe, ich lege vor euch Segen und Fluch.
Das Wort Re'e, im ersten Satz der dieswöchigen Parascha bedeutet nicht nur "siehe", sondern auch "verstehe". Die Tora befiehlt uns hier, zu verstehen, dass es einen Unterschied zwischen Gut und Böse, zwischen Segen und Fluch gibt. Man darf sich nicht darauf ausreden, dass man es nicht verstanden hat, da es unsere Aufgabe ist, zu lernen und zu verstehen, wie wir uns verhalten sollen und das Gelernte dann umzusetzen. Aus diesem Grund danken wir G'tt in der ersten der Birkot Haschachar auch dafür, dass er unserem Herz den Verstand gegeben hat, zwischen Tag und Nacht, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Denn dieses Verständnis ist die Voraussetzung, um die nächsten Brachot überhaupt begreifen zu können. Wir befinden uns jetzt, zu Rosch Chodesch Elul, genau einen Monat vor Rosch Haschana. Wir sollten sehen und verstehen, was von uns erwartet wird und was wir tun, um so zur richtigen Tschuwa zu kommen.
Siehe, ich lege vor euch Segen und Fluch.
In Megillat Eicha steht, dass von G'tt nichts Schlechtes oder Gutes kommt. Den ersten Passuk der Parascha der Woche könnte man aber so verstehen, dass G'tt uns - je nach unserem Verhalten - Gutes oder Schlechtes, Segen oder Fluch, zukommen lässt. Doch in Wahrheit kommt von G'tt tatäschlich weder Segen noch Fluch. G'tt stellt uns die Rohmaterialien zur Verfügung, doch was wir daraus machen, ist unsere Sache.
Feuer ist nicht gut oder schlecht - es hängt davon ab, was wir damit machen. Wir können mit Feuer kochen, aber auch etwas verbrennen. Genauso verhält es sich mit allem, was wir von G'tt bekommen. Geld für sich genommen ist kein Segen und auch kein Fluch. Wir können es benutzen, um Zdakka zu geben, Schulen für unsere Kinder zu zahlen und Essen für Schabbat. Wir können es aber auch, G'tt behüte, für Awerot verwenden, sowie das Volk nach dem Auszug aus Ägypten das viele Gold, mit dem sie ausgezogen sind, für das Goldene Kalb benutzt haben. Auch ein Kind zu bekommen, ist nicht automatisch ein Segen - wenn das Kind sich zu einem Rascha entwickelt, ist es ein Fluch.
Einer der scheinbaren Flüche, die in der Parascha vorkommen ist, dass wir "das Fleisch unserer Kinder essen" werden. Auch diese Ankündigung G'ttes ist mehrdeutig: Wenn wir nicht auf G'ttes weg gehen, kann es, G'tt behüte, dazu kommen, dass es zu so einer Hungerskatastrophe kommt, dass Eltern ihre Kinder essen, wie es in der Zeit von Jehoram ben Achaw tatsächlich geschah. Doch wenn wir in G'ttes Wegen gehen, werden wir so G'tt will Kinder haben, die genauso wie wir Schabbat und Kaschrut halten, und dann werden wir "das Fleisch unserer Kinder essen", das sie in ihrem koscheren Haushalt für uns zubereiten.
Die Parascha dieser Woche beginnt mit den Worten: "Siehe, ich lege vor euch Segen und Fluch." Natürlich drängt sich die Frage auf, weshalb der Passuk im Singular beginnt und im Plural endet.
Nach einer Erklärung wird der Einzelne darauf hingewiesen, dass er nicht alleine auf der Welt ist. Jeder Mensch ist ein Teil einer größeren Gruppe, zum Beispiel Familie, Beit Knesset, das jüdische Volk, die gesamte Menschheit; er kann nur als Teil dieser Gruppe existieren und seine Handlungen haben Auswirkungen auf alle anderen. Deswegen spricht die Tora den Einzelnen an und weist ihn darauf hin, dass Segen und Fluch ihn nicht alleine betreffen, sondern ihn als Teil einer Gruppe.
Das subjektive Empfinden, was ein Segen und was ein Fluch ist, kann sehr unterschiedlich sein. Während der eine Gesundheit schon als Segen betrachtet, ist diese für einen anderen selbstverständlich, wohingegen ein Lottogewinn für diesen ein Segen ist. Doch auch ein Fluch kann verschieden aufgefasst werden. Der eine interpretiert etwas Negatives, das ihm geschieht, als Zeichen G'ttes und versucht, sich zu bessern, während der andere es als Zufall abtut und gar nicht als "Fluch" wahrnimmt. Nach einer weiteren Erklärung drückt der Gegensatz im Passuk den Gegensatz zwischen dem von G'tt gegebenen Segen bzw. Fluch auf der einen Seite und der vielfältigen Wahrnehmung durch die Menschen auf der anderen Seite aus: Siehe, ich bringe Segen und Fluch, allerdings bringe ich sie vor euch, sie werden also von jedem anders interpretiert.
Die dieswöchige Parascha beginnt mit den Worten "Sehe, ich lege vor euch Segen und Fluch. Den Segen, dass ihr auf die Gebote hören werdet, und den Fluch, wenn ihr nicht auf die Gebote hören werdet."
Es drängt sich die Frage auf, weshalb der Passuk mit dem Verb "sehen" beginnt, und dann vom "Hören" spricht.
Die Kommentatoren erklären, dass "sehen" eine höhere Stufe ist, die auch das verstehen und akzeptieren beinhaltet. Viele Leute sind nicht bereit, etwas zu sehen, aber sie sind bereit, vieles zu hören. Der Passuk sagt uns also, dass es das Ziel ist, den Segen und den Fluch zu sehen und zu verstehen. Aber es reicht zunächst auch, wenn man sie nur hört, denn damit wird man dazu kommen, den Segen auch zu sehen.
Die Parascha dieser Woche beginnt mit den Worten: "Siehe, ich lege vor euch Segen und Fluch hin."
Wenn ein Rabbiner oder Vortragender einen Vortrag hält und etwas erklärt, werden zwei Leute nie exakt das selbe verstehen. Jeder hört den Vortrag vor dem Hintergrund seiner Situation, seiner Einstellung und seiner eigenen Logik. Ein guter Redner kann zumindest erreichen, dass alle ungefähr das selbe verstehen, aber auch das gelingt nicht immer.
Auf diese menschliche Eigenschaft deutet der Passuk hin: G'tt spricht das Volk als Einheit an, doch gleichzeitig ist klar, dass die Worte des Segens und des Fluchs nicht einfach so vor dem Volk liegen werden. Vielmehr wird vor jedem Einzelnen sein persönliches Verständnis dieser Worte liegen.
In der Parascha dieser Woche steht, dass man dem Armen das geben muss, was ihm fehlt. Man denkt dabei im ersten Augenblick wahrscheinlich, dass man dem Armen das geben muss, was er zum Leben notwendig hat, also das, was ihm fehlt.
Die Gmara erklärt aber, dass damit gemeint ist, dass man ihm geben muss, was ihm persönlich fehlt, mit anderen Worten, das was er hatte, bevor er verarmt ist. Unter Umständen muss man ihm also auch eine Kutsche und Dienstpersonal zur Verfügung stellen. Es wird auch die Geschichte von Hillel, dem damaligen Führer des Jüdischen Volks, erzählt, als er einen reichen Mann sah, der plötzlich verarmt ist. Da niemand anderer zur Verfügung stand, stellte er sich vor dessen Wagen und führte ihn durch die Stadt.
Heißt das aber tatsächlich, dass man einer reichen Person, sollte sie verarmen, alles zur Verfügung stellen muss, was sie bereits vorher hatte?
Nach einer Meinung gilt diese Halacha nur in einem sehr kurzen Zeitraum, zwischen der Verarmung und dem Zeitpunkt, an dem dieser Umstand allgemein bekannt wird. Diese Phase ist sehr heikel für den ehemals reichen Menschen, und in dieser Zeit ist es eine Mizwa ihn so zu stellen, als wäre er noch so reich wie vorher.
Einer anderen Meinung nach ist der Verlust des gesamten Vermögens nicht nur eine Geldfrage. Die Person könnte aufgrund dieses großen Verlustes, den sie erlitten hat, auch - G'tt behüte - ihren Glauben verlieren.
"Zdaka" zu geben beinhaltet nicht nur, Geld zu geben. Jemand, der einem armen Geld gibt, erfüllt damit sechs Mizwot, jemand, der ihn mit Worten tröstet oder aufbaut erfüllt damit elf Mizwot. Und es geht um diese Art der Zdaka, die man einem ehemals reichen Menschen in dem Maß geben muss, wie es ihm fehlt. Das bedeutet, dass man ihn nicht schlechter behandelt soll als vorher, dass man ihm Trost zusprechen muss, damit er seinen Verlust verkraftet, ohne seinen Glauben zu verlieren.
G'tt befiehlt dem Volk nach dem Betreten des Landes Israel den dortigen Götzenkult zu vernichten. Im Passuk steht: "Vernichte alle Orte, an denen die Völker (...) ihren Göttern gedient haben." Raschi erklärt, dass die Götzen, die sich an diesen Orten befinden, zerstört werden sollen. Trotzdem bedarf es einer Erklärung, weshalb die Tora vorschreibt, die Orte selbst zu zerstören. Eigentlich müsste es doch reichen, die Götzen zu zerstören, die Orte aber beizubehalten.
Für die Nationen, die aus dem Land Israel vertrieben werden sollten, waren nicht nur die Götzen selber von Bedeutung. Auch die Tempel und sonstigen Bauwerke waren wichtig, wie allgemein Äußerlichkeiten von Bedeutung waren - da es ja keinen Inhalt gab.
Dies steht im Gegensatz zum Judentum. Ein Beit Knesset braucht keine besondere imposante Bauweise, braucht auch keinen besonderen Schmuck oder sonstige Äußerlichkeiten. Der Fokus liegt auf dem Inhalt: Auf den Gebeten und der Tora, die sich darin befindet.
Es musste daher befohlen werden, alle Orte zu vernichten, an denen Götzen gedient wurde, denn diese Orte waren ein wichtiger Bestandteil des Götzenkultes.
In der Parascha dieser Woche steht: "Vielmehr nach dem Ort hin, den G'tt (...) erwählen wird (...) nach der Bekundung seiner Gegenwart sollt ihr forschen, dass du dorthin kommst." Unsere Weisen erklären, dass uns dieser Passuk sagt, dass wir uns immer erkundigen müssen, wie es um das Land Israel im allgemeinen und Jeruschalajim im besonderen steht, wie die politische, gesellschaftliche und religiöse Situation ist, was die Probleme sind.
Dies beinhaltet auch, dass wir uns mit der Zerstörung des Tempels in Jerushalajim beschäftigen müssen. Wir müssen uns mit dem Grund für Zerstörung, dem grundlosen Hass der Juden untereinander, beschäftigen, und mit der Frage, was wir daraus lernen und was wir dagegen tun können. Das erklärt auch, weshalb zuerst im Plural "ihr sollt forschen" steht, und dann im Singular "dass du dorthin kommst": Wenn sich alle mit der Zerstörung des Tempels und mit dem grundlosen Hass, der dazu führte, beschäftigen, werden wir diesen ablegen, und wieder, wie bei der Toragabe "wie ein Mensch mit einem Herzen" ins wiedererbaute Jerushalajim zurückkehren.
Im aktuellen Wochenabschnitt behandelt die Tora die Mizwa von Zdakka, Wohltätigkeit. In Bezug auf Zdakka steht sogar: "Wegen dieser Sache segne ich dich".
Die Gmara erklärt zu diesem Satz, dass das Leben wie ein sich drehendes Rad ist. Was ist damit gemeint?
Es gibt im Leben keine Garantie, dass etwas, das heute ist, auch morgen so sein wird. Jemand, der heute reich ist, kann morgen alles verloren haben, und jemand, der nichts hat, kann morgen reich sein.
Wenn sich ein Mensch dieser Tatsache immer bewusst ist, wird er von ganzem Herzen spenden, denn er weiß, dass er sein Vermögen jetzt nur hat, weil G'tt es so bestimmt hat, und es kann sein, dass er später selber von Wohltätigkeit abhängig sein wird.
"Siehe, ich lege euch heute Segen und Fluch vor." Mit diesem Satz beginnt die Parascha dieser Woche. Weshalb beginnt dieser Satz in der Einzahl "siehe", endet aber in der Mehrzahl "ich lege euch vor"?
Für jeden Juden ist es eine Aufgabe, dass nicht nur er selber die Tora hält, sondern dass auch alle anderen Juden die Tora halten. Deshalb sagt Haschem dem Einzelnen, dass er der Gesamtheit Segen und Fluch vorlegt, denn dies gilt für alle, für das ganze Volk.
Wie soll man diese Aufgabe erfüllen? Wie soll man andere dazu bringen, G'ttes Gebote zu halten?
Jeder einzelne muss in erster Linie darauf schauen, dass er selber und seine Familie sich mit der Tora und den Mizwot beschäftigen. Wenn er und seine Familie die Gebote halten, dann wird das seine Umgebung zum Positiven beeinflussen.
Manche Leute denken: "Man muss zwar alle Gebote halten, aber ich tue es nicht; es reicht, wenn so viele andere alles halten. Das jüdische Volk ist so groß, nicht jeder muss alle Gebote halten."
Daher sagt Hashem dem Einzelnen: Siehe, ich gebe euch allen Segen und Fluch, damit keiner sagen kann, die Gebote sind für ihn nicht von Bedeutung, denn jeder ist ein Teil des Ganzen.