In der Parascha dieser Woche werden die Regelungen für einen Krieg beschrieben. Es war eine Aufgabe der Beamten, vor einem Krieg einige Leute von der Wehrpflicht zu befreien. Unter anderem waren das diejenigen Männer, die ein neues Haus gebaut haben, und es noch nicht eingeweiht haben, oder die sich mit einer Frau verlobt haben und sie noch nicht geheiratet haben. Für diese Männer bestimmt die Tora, dass sie nach Hause zurückkehren sollen, denn sie könnten sterben, und ein anderer könnte das Haus einweihen beziehungsweise die Frau heiraten.
Es ist auf den ersten Blick nicht unbedingt verständlich, weshalb die Tora diese Leute von der Wehrpflicht befreit. Jeder gefallene Soldat ist eine Tragödie, doch sein neues Haus sollte ja trotzdem nicht für ewig unbewohnt bleiben, und auch die Verlobte sollte in diesem Fall einen anderen Mann finden, den sie heiraten kann. Das Problem ist also nicht, dass ein anderer das Haus einweiht oder die Frau heiratet, sondern der Tod des Soldaten.
Wenn jemand kurz davor ist, zu sterben, sollte er seine Sünden bekennen und Schma Israel sagen, denn mit Tschuwa zu sterben ist eine sehr wichtige Sache. So sollte auch ein Soldat im Kampf Gebete an G'tt im Kopf haben, und wenn er G'tt behüte dem Tod nahe steht, sollte er Schma Israel sagen und Tschuwa machen. Doch ein Soldat, der sein Haus noch nicht eingeweiht hat, wird an dieses Haus denken, und daran, dass es jetzt von jemand anderem bewohnt werden wird. Damit man diesen Männern nicht die Möglichkeit nimmt, vor ihrem Tod Tschuwa zu machen, befreit man sie von der Teilnahme an einem Krieg in dieser Zeit, wie der Gerrer Rebbe, der Imre Emes, erklärt.
In diesem Sinne sollten wir uns jetzt, im Monat Elul, bemühen, immer an Tschuwa zu denken, und hoffen so im Buch des Lebens eingeschrieben und besiegelt zu werden.
Wurde eine durch Menschenhand getötete Person im Niemandsland zwischen zwei Stätten gefunden und kein Täter bekannt, so schreibt die Tora eine Zeremonie vor, die eine Kalbin, deren Nacken gebrochen wird, sowie die Teilnahme von Sanhedrin, sowie Kohanim und Lewi'im beinhaltet. Die Gemara thematisiert, weshalb sie bei einem Fluss stattfinden sollte: Ein Wesen, das keine Früchte hat (die Kalbin, die noch nicht selbst gekalbt hat) soll an einem Ort, der keine Früchte hervorbringt (der Fluss) den Tod der Person sühnen, die keine Früchte mehr hervorbringen kann (Mizwot einhalten).
Ein vorsätzlicher Mörder wird getötet, ein fahrlässiger Täter in eine Zufluchtsstadt verbannt. Weshalb gibt es im Falle, dass der Täter nicht bekannt ist, diese ungewöhnliche Prozedur?
Raw Elijaschiw hatte eine Erklärung, die sehr gut zum ersten Schabbat im Monat Elul passt: Was ist die große Katastrophe, die hier passiert ist und diese Zeremonie erfordert? Der Getötete kann keine Mizwot mehr erfüllen. Dies ist so schlimm, dass es nicht sein soll, dass die verursachende Person sich weiterhin ungestraft in der Gesellschaft bewegt. Es sollte gerade eine große Zeremonie sein, die viel Aufmerksamkeit verursacht, damit der Täter gefunden wird und nicht mehr frei herumläuft, ohne zur Verantwortung gezogen worden zu sein. Dies zeigt die besondere Bedeutung der Einhaltung von Mizwot, was wir uns besonders im Monat Elul, der der Tschuwa gewidmet ist, bewusst machen sollten.
Dies erkennen wir auch in der Parascha der Vorwoche: Der Chafez Chaim bemerkte zum Umstand, dass im ersten Pasuk von der Einzahl ("Siehe") in die Mehrzahl ("vor euch"), dass er den Religionslehrer des Buben Leib Bronstein nicht darum beneidet, dass er für die Erziehung des Mannes verantwortlich war, der unter seinem späteren Namen Leo Trotzki dafür verantwortlich war, dass hundertausende Juden den Weg der Tora verlassen haben. Denn mit jeder unserer Taten und Handlungen beeinflussen wir unser Umfeld. Wenn wir zur Tfila oder zu einem Schiur gehen, beeinflussen wir damit eventuell einen Nachbarn, der widerum seine Familie beeinflusst, usw. Doch genauso ist es auch umgekehrt, und der Lehrer Trotzkis hat unter Umständen durch ein falsches Verhalten Schlimmes verursacht. Deshalb haben wir eine große Verantwortung dafür, was wir mit unseren Taten bewirken. Doch es ist nie zu spät, sein Verhalten zu korrigieren und zum richtigen Weg zurückzukehren, weshalb wir den Monat Elul zur Tschuwa benutzen sollten!
Die Parascha dieser Woche behandelt die Regeln für Zeugen, deren falsche Aussage zu einer Verurteilung eines Menschen geführt hat.
Wenn zwei Zeugen aussagen, dass ein Mensch einen anderen geötet hat und diese Aussage als wahr erkannt wird, erhält der Mörder die Todesstrafe. Wenn nun danach andere Zeugen auftauchen, die aussagen, dass die erste Zeugenaussage nicht richtig sein kann, weil sie, die zweiten Zeugen, einen oder beide der ersten Zeugen zum Tatzeitpunkt an einem ganz anderen Ort gesehen haben, wird die erste Zeugenaussage damit aufgehoben. Die Gemara erläutert aber einen entscheidenden Unterschied: Tauchen die zweiten Zeugen vor der Hinrichtung des fälschlich verurteilten auf und wird diese damit noch aufgehalten, geschieht den verschwörenden Zeugen, wie es ihrem Plan nach mit ihrem Opfer geschehen sollte: Sie werden zum Tode verurteilt.
Wenn die zweiten Zeugen allerdings zu spät kommen und der vermeintliche Mörder bereits hingerichtet wurde, erhalten die ersten Zeugen auf der Erde keine Strafe, sie unterliegen dann dem himmlischen Urteil.
Wenn ein Mörder hingerichtet wird und davor seine Sünden bekannt hat und auf den richtigen Weg zurückkehrt, erfährt er mit dem Tod Sühne. Die Zeugen jedoch, die den Tod eines möglicherweise Unschuldigen bewirkt haben, werden nicht hingerichtet und ihr verhalten wird daher auch nicht gesühnt.
Ein Unterschied zwischen den beiden Fällen ist, dass ein Mörder selbst jemanden getötet hat - dafür kann er Sühne erfahren, wenn er bereut und bestraft wird. Die Zeugen, die falsch aussagen, haber allerdings bewirkt, dass jemand anderer, das Gericht beziehungsweise seine Vollstrecker, jemanden zu Unrecht töten. Für dieses Verhalten anderer Leute, das sie bewirkt haben, könnte ihre Bestrafung keine Sühne bewirken. So kurz vor Rosch Haschana und Jom Kippur sollte es zum Nachdenken anregen, wie schlimm es ist, andere Leute dazu zu bringen, zu sündigen.
Es besteht allerdings auch noch ein anderer Unterschied: Ein Mörder, der mit eigenen Händen getötet hat, weiß, was er getan hat. Auch wenn er meint, seine Gründe gehabt zu haben, weiß er, dass es falsch war. Jemand, der nur verursacht hat, dass jemand anderer tötet, ist sich nicht vollständig im Klaren darüber, was er verbrochen hat. Aus diesem Grund kann er keine Sühne erhalten.
Wenn sich dir etwas zur Entscheidung entzieht, zwischen Blut und Blut, zwischen Recht und Recht, zwischen Schaden und Schaden (...)
Raschi: Zwischen unreinem und reinem Blut, zwischen dem Rechtsstreit eines Unschuldigen und eines Schuldigen, zwischen einem unreinen und einem reinen Aussatzschaden.
Die Tora beschreibt hier, wie bei einer Unklarheit in Bezug auf verschiedene Tatbestände verfahren werden soll. Raschi erläutert die drei genannten Fälle. Es fällt auf, dass in Bezug auf die Reinheit von Blut und Aussatz die Unreinheit, also das Verbietende zuerst genannt wird, während in Bezug auf den Rechtsstreit der Unschuldige vorgezogen wird. Der Admor von Sgulen erklärt dies mit der Regel, wonach bei Verboten im Zweifel von dem Sachverhalt ausgegangen werden soll, der zur strengeren Folge führt. So darf man Fleisch nicht essen, wenn ein Zweifel besteht, ob es koscher ist. Deshalb wird die Unreinheit zuerst genannt: Im Zweifel gehen wir von Unreinheit aus. Bei einem Rechtsstreit muss die Schuld allerdings zweifelsfrei bewiesen werden. Im Zweifel ist die Person also unschuldig und wird daher von Raschi zuerst genannt.
Dieser Grundsatz ist die Basis für den Ausspruch der Mischna: "Beurteile jeden Menschen nach der günstigen Seite." Solange wir nicht sicher wissen können, dass jemand schuldig ist, sollen wir vom Gegenteil ausgehen. Der Lohn dafür ist laut der Gemara, dass wir auch vom Himmel im Zweifel günstig beurteilt werden. Im Monat Elul kurz vor Rosch Haschana sollten wir uns dessen Besinnen und auch unsere Mitmenschen nach der günstigen Seite beurteilen.
Richter und Ausführungsbeamte bestellst du dir in allen deinen Toren, (...) dass sie das Volk nach Rechtsspruch des Rechts richten.
Der "Schlah" und der "Ari" erklären, dass damit nicht nur die tatsächlichen Gerichtshöfe und Exekutivorgane an den Stadttoren gemeint sind. Auch jeder Mensch für sich muss sich darum kümmern, dass seine "sieben Tore", Augen, Ohren, Nasenlöcher und Mund, ausreichend bewacht und kontrolliert werden. Gemeint ist damit, dass man darauf achten muss, was man sieht, redet und hört. Doch scheinbar scheint der zweite Teil des Satzes nicht zu dieser Deutung zu passen.
Doch tatsächlich lässt sich auch der zweite Teilsatz in Einklang mit dem Verständnis der Tore als Sinnesorgane des Menschen bringen. Einerseits bringt einen das Hüten der Augen und Ohren dazu, dass man nicht alles negative glaubt, was man sieht oder über andere hört, wodurch man diese eher positiv beurteilt. Diest ist gemeint mit "das Volk nach Rechtsspruch des Rechts richten."
Andererseits gibt es einen bekannten Midrasch, wonach sich jeder als jemand betrachten soll, der genausoviele Verdienste wie Sünden hat. Außerdem soll man die Welt betrachten als wären ihre Verdienste und begangenen Sünden ebenso ausgeglichen. In dieser Situation ist jede Mizwa, die man macht entscheidend, und G'tt behüte im Negativen auch jede Sünde. Wenn man aber seine Sinne entsprechend hütet, wird man Mizwot tun und damit nicht nur sich selbst, sondern auch "das Volk nach Rechtspruch des Rechts richten."
In der Parascha dieser Woche wird die Ansprache beschrieben, die der Kohen zu halten hatte, bevor das Volk in den Krieg zog. Sie beginnt mit den Worten "Schma Israel" - "Höre Israel". Rabbi Schimon Bar Jochaj erklärt in der Gemara, dass der Kohen damit bekannt gibt, dass das Volk würdig ist, von G'tt gerettet zu werden, selbst wenn es keinen anderen Verdienst hat als das tägliche Lesen des "Schma". Doch an einer anderen Stelle in der Gemara sagt derselbe Rabbi Schimon Bar Jochaj, dass man idealerweise nur Tora lernen soll, und das Einkommen ganz G'tt überlassen soll. Diese beiden Stellungnahmen scheinen sich zu widersprechen: Wenn das Toralernen so wichtig ist, dass man sich damit den ganzen Tag beschäftigen soll, scheint es unlogisch, dass man würdig ist, von G'tt gerettet zu werden, wenn man nur zwei Mal am Tag Kriat Schma sagt.
Um die Antwort zu verstehen ist es wichtig sich bewusst zu sein, dass es zwei Arten gibt, wie G'tt uns beurteilt. Einerseits tut er dies auf Basis unserer Taten: Was haben wir gemacht, welche Gebote haben wir eingehalten, etc. Andererseits beurteilt G'tt uns aber auch im Vergleich mit anderen. Dies war das aufmunternde Elemente für die Soldaten: Im Vergleich zu den Feinden, die gar keine Verdienste haben, stechen sie sogar hervor, wenn sie nur zwei Mal am Tag Kriat Schma sagen. Für sich alleine betrachtet ist jedoch jeder für seine Taten voll verantwortlich, und soll sich laut Rabbi Schimon Bar Jochaj nur dem Toralernen widmen.
Das ist auch der Grund, weshalb wir im Awinu-Malkenu-Gebet um Erbarmen beten. Wir erwarten nicht, dass unsere Sünden einfach so ignoriert werden. Wir beten aber darum, dass wir nicht nur selbst betrachtet werden, sondern auch im Vergleich zu den anderen Völkern, sodass wir zu einem guten Urteil kommen können.
In der dieswöchigen Parascha befiehlt G'tt dem Volk, Richter einzusetzen, die gerecht richten sollen. Zwei Sätze später steht wieder: "Die Gerechtigkeit, die Gerechtigkeit sollst du verfolgen." Weshalb wiederholt die Tora den Aufruf nach Gerechtigkeit, und was bedeutet die Wiederholung des Wortes "Gerechtigkeit" im zweiten Passuk?
Die Tora verlangt von uns nicht nur objektiv gerechtes Verhalten. Wir sollen Gerechtigkeit herbeiführen, aber auch unsere Absicht, das zu tun, soll "gerecht" sein. Es kann vorkommen, dass ein Mensch zurecht einen Missstand anprangert oder eine Ungerechtigkeit verhindern will. Doch dies kann auch aus ganz eigennützigen Gründen geschehen, zum Beispiel weil einem die richtige Lösung einen persönlichen Vorteil bringt oder weil man jemandem schaden kann, den man verachtet. Doch das soll nicht unsere Motivation sein, Gerechtigkeit zu verfolgen. Unsere einzige Motivation zum Verfolgen des gerechten Weges soll die Gerechtigkeit sein.
Ein Beispiel dafür ist Jerovam ben Nevat, der König Schlomo zurecht dafür kritisierte, dass er bei der Errichtung eines Palastes für eine seiner Frauen, die Tochter des Pharaos, einige Tore von Jeruschalajim verbaute. Ihm ging es aber nicht um die Tore, sondern darum, Schlomo zu schaden, da er sich an Davids Dynastie rächen wollte. Das lässt sich leicht daran erkennen, dass er später, als er an der Macht war, nicht nur einzelne Tore verbaute, sondern den Zugang nach Jeruschalajim komplett versperrte.
Jerovam hat also Gerechtigkeit verfolgt, aber nicht aus gerechten Motiven, wie die Tora es mit der zweiten Erwähnung der Gerechtigkeit von uns verlangt.
In der dieswöchigen Parascha befiehlt G'tt, dass das Volk Richter haben soll, und dass diese gerecht richten sollen. Zwei Sätze später steht wieder: "Der Gerechtigkeit, der Gerechtigkeit sollst du nacheilen." Weshalb wiederholt die Tora den Aufruf nach Gerechtigkeit, und was bedeutet die Wiederholung des Wortes "Gerechtigkeit" im zweiten Passuk?
Raschi erklärt, dass der zweite Passuk dazu auffordert, zu einem möglichst angesehenen und guten Gericht zu gehen.
Das Gericht beurteilt nicht nur die einzelne Tat und den Täter, es wird auch die allgemeine Situation der jüdischen Gemeinde bewertet. So wird im Talmud von einer Begebenheit erzählt, als das Sanhedrin einen Mann für eine Tat zu Tode verurteilte, für die diese Strafe gar nicht vorgesehen war, weil es sah, dass das ganze Volk dieses Verbot nicht ernst genug nahm und es zu schlimmeren Vergehen führen würde, wenn in dem Fall nicht strenger bestraft würde.
In diesem Sinn kann man auch diese beiden sich anscheinend wiederholenden Sätze verstehen: der erste Satz weist die Richter an, das Volk gerecht zu richten und der zweite weist die Richter an, dass sie dabei auch nicht vergessen, über die individuellen Einzelperson gerecht zu urteilen, es muss also die Gerechtigkeit für die Gemeinde und Gerechtigkeit für den Einzelnen miteinander vereinbart werden. Dieses Prinzip kann sich aber auch zugunsten des Täters auswirken: Wenn er aus einer Umgebung kommt, in der eine bestimmte negative Verhaltensweise üblich ist, muss er anders behandelt werden als einer, der die selbe Tat begangen hat aber aus einem besseren Umfeld kommt.
Wir lernen für uns daraus, dass wir Leute auch entsprechend ihrem Umfeld und ihrer Umgebung beurteilen müssen. Wenn wir zum Beispiel in Israel jemanden ohne Kippa gehen sehen, können wir davon ausgehen, dass er nicht Schabbat hält. In Europa ist das nicht unbedingt so. Das selbe Verhalten, das jemanden, der aus einer streng religiösen Familie kommt, in ein schlechtes Licht rückt, kann einen, der aus einer der Religion sehr entfremdeten Familie stammt, auf eine sehr hohe Stufe heben. Da wir aber nie alles über eine andere Person wissen, können wir andere Leute nie negativ beurteilen.
In der Parascha dieser Woche wird die Ansprache beschrieben, die der Kohen hält, bevor das Volk in den Krieg zieht. Sie beginnt mit den Worten "Schma Israel" - "Höre Israel". Raschi erklärt, dass der Kohen damit darauf anspielt, dass das Volk würdig ist, von G'tt gerettet zu werden, selbst wenn es keinen anderen Verdienst als das Lesen des "Schma" hat.
Doch wenn es tatsächlich so einfach ist, weshalb werden dann später die Soldaten gewarnt, in den Krieg zu ziehen, wenn sie Sünden begangen haben und dadurch in Gefahr kommen könnten?
Man muss hier zwischen dem Volk als Ganzem und den einzelnen Soldaten unterscheiden. Die Soldaten brauchen tatsächlich große Verdienste, um die gefährliche Situation zu überstehen. Das Volk als Ganzes wird aber gerettet, wenn es zumindest jeden Tag das "Kriat Schma" sagt.
Wenn mit "Schma Israel" hier tatsächlich die Anspielung auf das "Kriat Schma" gemeint ist und nicht wörtlich verstanden ein Aufruf, dem Kohen zuzuhören, weshalb steht dann nicht der komplette erste Satz des "Kriat Schma", sondern nur die ersten beiden Worte - "Schma Israel"?
Reb Schlomo Salman Auerbach erklärt, dass es hier vor allem auf den ersten Teil des Passuks ankommt: "Hört zu!" Denn zuzuhören ist der erste wichtige und schwere Schritt, um den folgenden Teil überhaupt erfüllen zu können. Und wenn das Volk tatsächlich bereit ist zuzuhören, hat es tatsächlich bereits genug Verdienste, um gerettet zu werden.
Wir müssen jetzt im Monat Elul, in den wenigen Tagen, die uns noch bis Rosch Haschana und Jom Kippur bleiben, versuchen zuzuhören, und in weiterer Folge Tschuwa zu machen.
Die Tora schreibt in der dieswöchigen Parascha vor, dass das Volk einen König einsetzen soll, wenn es ins Land Israel kommt. Anschließend werden einige Regeln für den König vorgeschrieben. So darf er nicht zu viele Pferde anschaffen, damit er durch den Pferdehandel sein Volk nicht zurück nach Ägypten bringt, und nicht zu viele Frauen haben, damit er nicht von ihnen zum Götzendienst geführt wird.
Die Gemara in Massechet Sanhedrin stellt die Frage, wieso in der Tora normalerweise keine Begründungen für die Mizwot gegeben werden. Die Antwort finden wir in den zwei erwähnten Bestimmungen: Hier wird der Grund erwähnt, und wir wissen aus dem Tanach, dass König Schlomo, der dachte, dass die genannten Gründe für ihn nicht anwendbar sind, viele Pferde und viele Frauen hatte und sich vor den Konsequenzen nicht wehren konnte. Die Gemara erklärt, dass G'tt für diese beiden Mizwot einen Grund gegeben hat, um so zu demonstrieren, weshalb für alle anderen Mizwot keine Gründe genannt werden.
Doch weshalb wurden ausgerechnet diesen beiden Mizwot als Beispiel genommen?
Wir können aus der Auswahl dieser beiden Mizwot lernen, dass sogar ein großer Gelehrter wie König Schlomo an diesen Mizwot scheiterte, weil ihm der Grund bekannt war. Umso mehr gilt das für einfachere Menschen, die nicht die spirituelle Größe von König Schlomo haben. Daher kann uns die Tora keine Begründungen für die anderen Mizwot geben.
Eine andere Erklärung besagt, dass diese beiden Beispiele ausgewählt wurden, um uns zu erläutern, weshalb keine Gründe genannt werden, weil in diesem Fall der Grund selber auch ein eigenständiges Verbot ist. Denn es ist nicht nur für den König verboten, viele Pferde oder Frauen zu haben, sondern für jeden, nach Ägypten zu gehen oder Götzen zu dienen.
Wir müssen jetzt, im Monat Elul, kurz vor Rosch Haschana, unseren Einsatz für das Halten der Mizwot verstärken, auch wenn wir ihre Gründe nicht kennen, damit wir den Verdienst einer vollständigen Tschuwa haben!
In der Parascha dieser Woche steht: "Aufgrund der Aussage zweier Zeugen, oder aufgrund der Aussage dreier Zeugen soll der Sünder sterben, aber aufgrund der Aussage eines Zeugen soll er nicht sterben."
Wenn jemandem aufgrund der Aussage zweier Zeugen die Todesstrafe bekommt, ist es doch logisch, dass er sie auch auf aufgrund der Aussage dreier Zeugen bekommen muss. Aus der scheinbar überflüssigen Formulierung "oder aufgrund der Aussage dreier Zeugen" lernt die Mischna eine wichtige Halacha: Wenn eine Gruppe von drei oder mehr Zeugen gegen einen mutmaßlichen Täter aussagt, und einer aus der Gruppe als Zeuge untauglich ist, oder falsche Angaben macht, wird damit die Aussage der ganzen Gruppe ungültig, selbst wenn noch zwei oder mehr Zeugen übrig bleiben, die richtig und gültig bezeugen.
Wir können aus dieser Formulierung aber noch etwas anderes lernen. Es gibt einen Midrasch, in dem G'tt zuerst die Weisheit fragt, was mit einem Sünder geschehen soll. Sie antwortet, dass er getötet werden muss. Anschließend fragt er die Prophetie, was mit jemandem geschehen soll, der G'ttes Befehle nicht ausführt, und auch sie enscheidet für die Todesstrafe. Dies sind die "zwei Zeugen", von denen der Passuk spricht.
Als G'tt schließlich die Tora fragt, sagt diese: Er soll ein Sündenopfer bringen, und es wird ihm verziehen. Doch wenn der Tempel nicht steht, und man kein Opfer bringen kann, stimmt auch die Tora zu, dass der Sünder getötet werden muss. Das sind dann die "drei Zeugen" aus dem Passuk, aufgrund deren Aussage man getötet wird.
Doch schließlich kommt G'tt und sagt: Der Mensch muss seine Sünden bekennen und Tschuwa machen, dann wird ihm verziehen. Das ist gemeint mit "aber aufgrund der Aussage eines Zeugen soll er nicht sterben."
Die Parascha dieser Woche beinhaltet die Vorschriften betreffend den König des Jüdischen Volks. Zwei besondere Einschränkungen besagen, dass der König nicht viele Pferde halten darf, „damit das Volk nicht nach Ägypten zurückkehren [wird], um viele Pferde anzuschaffen“, und dass er nicht viele Frauen heiraten darf, „damit sein Herz nicht auf Abwege komme.“
Die Gmara in Massechet Sanhedrin diskutiert, wieso uns die Begründungen für die meisten Mizwot nicht bekannt gemacht werden: Die einzigen beiden Verbote, für die uns die Tora eine Begründung gibt, sind die beiden oben genannten aus unserer Parascha. König Schlomo argumentierte, dass diese beiden Verbote für ihn nicht gelten, weil er das Volk nicht nach Ägypten zurückführen und sich auch nicht von vielen Frauen auf Abwege bringen lassen werde. Er irrte mit dieser Einschätzung aber, und tatsächlich lebten während seiner Regentschaft viele Juden in Ägypten, die dort im Pferdehandel tätig waren. Am Ende seiner Tage verführten einige seiner vielen Frauen ihn auch auf Abwege, auf die er sonst nie gekommen wäre.
In unserer Parascha wird auch das Verbot genannt, als Richter Bestechungen einer Streitpartei anzunehmen, „denn die Bestechung blendet die Augen der Weisen und macht schwankend die Worte Gerechter.“ Viele Kommentatoren des Talmud stellen die Frage, weshalb diese Begründung einer Bestimmung, die im Gegensatz zu den beiden anderen keinen Gerechten in die Irre geführt hat, von der Gmara nicht zitiert wird.
Die Antwort liegt im Wesen der Bestechung: Eine Bestechung beeinflusst nicht nur die Entscheidung eines Richters. Alleine die Aussicht auf eine Bestechung macht einen Richter auch befangen zu entscheiden, ob ihn eine Bestechung ihn von einer gerechten Entscheidung abhalten würde. Während ein Richter niemals vernünftigerweise argumentieren kann, dass ihn eine Bestechung unbeeinflusst lässt, kann ein König davon ausgehen, dass ein großer Pferdebesitz nicht automatisch dazu führt, dass er sein Volk ins Exil führen wird.
In der Zeit vor Rosch Haschana und Jom Kippur sollten wir auch versuchen, möglichst unbefangen unser eigenes Handeln zu beobachten und unsere Sünden zu erkennen, um unser Verhalten zu verbessern. Leschana Towa tikatewu wetechatemu!
In der dieswöchigen Parascha werden die Soldaten für einen Kampf ausgewählt. Dabei schicken die Offiziere alle diejenigen nach Hause, die Angst haben, damit sie nicht die anderen Soldaten mit ihrer Angst anstecken und so eine Niederlage herbeiführen.
Es haben doch sicher fast alle Angst, in den Krieg zu ziehen. Raschi erklärt, was darunter zu verstehen ist: In der Gmara steht, dass der, der "die Sünde in Händen hält" nicht in den Krieg ziehen muss.
Wenn jemand eine Frau unter der Bedingung heiratet, dass er ein Zaddik ist, ist die Ehe unter Umständen trotzdem gültig, denn es könnte ja sein, dass er im Moment der Eheschließung Tschuwa gemacht hat, und dann hat er als Zaddik gegolten. Sich darauf beziehend fragen viele Kommentatoren: Diejenigen, die aufgrund ihrer Sünden Angst haben, in den Krieg zu ziehen, sollen doch einfach Tschuwa machen, gelten damit als Zaddikim, und brauchen sich nicht mehr zu fürchten.
Es gibt aber zwei Arten von Tschuwa: Wenn jemand den Schabbat bricht, oder unkoscher ist, dann kann er mit einer einzigen Entscheidung komplett zu G'tt zurückkehren und gilt als Zaddik. Wenn man aber zum Beispiel gestohlen hat, dann muss man erst alles Gestohlene zurückgeben, eine eindeutige innere Entscheidung reicht nicht aus.
Auf so einen Fall bezieht sich die Gmara bei diesem Passuk: "Jemand, der die Sünde in Händen hält", also ein Dieb, der das Diebesgut erst zurückgeben muss, bevor er ohne Angst in den Krieg ziehen kann, ist von der Wehrpflicht befreit.
Wir lernen daraus, dass es - vor allem vor Rosch Haschana - wichtig ist, zu G'tt zurückzukehren. Nach dem wir Tschuwa gemacht haben, gelten wir wieder als Zaddikim. Dann können wir ohne Angst in die Zukunft blicken, dann wird uns G'tt helfen, und uns eine Ktiwa weChatima towa bescheren.
In der dieswöchigen Parascha befiehlt G'tt, dass das Volk Richter haben soll, und dass diese gerecht richten sollen. Zwei Sätze später steht wieder: "Der Gerechtigkeit sollst du nacheilen."
Das Gericht beurteilt nicht nur die einzelne Tat und den Täter, es wird auch die allgemeine Situation der jüdischen Gemeinde bewertet. So wird im Talmud von einer Begebenheit erzählt, als das Sanhedrin (Gericht in Jerusalem zur Zeit des Tempels) einen Mann für eine Tat zu Tode verurteilte, für die diese Strafe gar nicht vorgesehen war, weil es sah, dass das ganze Volk dieses Verbot nicht ernst genug nahm, und es zu schlimmeren Vergehen führen würde, wenn in dem Fall nicht strenger bestraft würde.
In diesem Sinn kann man auch diese beiden - sich anscheinend wiederholenden - Sätze verstehen: der erste Satz weist die Richter an, das Volk gerecht zu richten, und der zweite weist die Richter an, dass sie dabei auch nicht vergessen, über die individuellen Einzelperson gerecht zu urteilen.