(...) Gehe für dich (...) dem Land Kenaan hin, das ich dir zeigen werde.
Raschi: Für dich: Zu deinem Nutzen (...) aber hier wirst du nicht den Verdienst von Kindern haben.
Was will Raschi mit der Formulierung "Verdienst von Kindern" ausdrücken? Weshalb lässt er G'tt Awraham nicht einfach sagen: "Hier wirst du keine Kinder haben?"
Wir finden die gleiche Formulierung auch in einer bekannten Stelle in der Gemara, die wir auch am Sederabend wiedergeben: "Ich hatte nicht den Verdienst, dass vom Auszug aus Ägyptem in der Nacht gesprochen wird." Raschi erklärt dazu, dass "verdienen" in diesem Fall "siegen" bezeichnet. Rabbi Elieser ben Asarjah konnte sich in der Diskussion nicht durchsetzen, nicht siegen, bis Ben Soma einen Pasuk auslegte.
In diesem Sinne benutzt Raschi das Wort auch in der Parascha dieser Woche: Du wirst nicht erfolgreich Kinder erziehen können. Denn in Charan, mit seinen götzendienenden Verwandten und der sonstigen Umgebung, standen die Chancen, g'ttesfürchtige Nachkommen großzuziehen sehr schlecht. Erst die Emigration in ein fremdes Land, in dem er keinen negativen Einflüssen von Verwandten und Jugendfreunden ausgesetzt war, ermöglichte ihm eine erfolgreiche Kindererziehung.
In Paraschat Toldot besteht Awraham darauf, dass Eliser für Jizchak eine Frau aus seiner Familie nimmt, und keine Frau aus der Umgebung. Denn so eine Frau, auch wenn sie zu Awrahams Glauben übertreten würde, wäre immer noch in Kontakt mit ihrer Familie, mit ihren götzendienenden Freunden und Verwandten. Deshalb war es ihm wichtig, dass die Frau seines Sohnes aus einem fremden Land kam. Dies gilt auch für jemanden, der seinen Weg ändert und zu G'tt zurückkehrt, oder für jemanden, der zum Judentum konvertiert - in der selben Umgebung, mit ständigem Kontakt zu Familie und Jugendfreunden, ist es schwierig, am richtigen Weg zu bleiben.
Gelernt hat Awraham dieses wichtige Kriterium, eine Frau aus der Ferne für seinen Sohn zu suchen, von G'ttes Ankündigung, dass er seine Heimat verlassen soll, damit er in einem fremden Land g'ttesfürchtigen Nachwuchs heranziehen kann.
Ich werde dich zu einem großen Volk machen, Ich werde dich segnen, und Ich möchte deinen Namen groß werden lassen; werde du ein Segen!
Raschi: "Ich werde dich zu einem großen Volk machen": das ist, dass man sagt: der G'tt Awrahams, "Ich werde dich segnen", das ist, dass man sagt: der G'tt Jizchaks, "und Ich möchte deinen Namen groß werden lassen", das ist, dass man sagt: der G'tt Ja'akows. Ich hätte nun meinen können, dass man (im Gebet) mit allen beendet, darum heißt es, "werde du ein Segen!", mit dir beende man (das Gebet) und nicht mit ihnen.
Damit ist die Bracha "Magen Awraham" am Anfang der Schmona Essre gemeint. Dort werden alle drei Vorväter erwähnt, im abschließenden Satz, der normalerweise das Wesentliche der Bracha zusammenfasst, wird aber nur Awraham erwähnt.
Manche Kommentatoren sehen in diesem Midrasch, den Raschi zitiert, eine Andeutung auf das Ende der Tage. Eine bekannte Mischna erläutert, dass die Welt auf drei Säulen steht: Tora, G'ttesdienst und Wohltätigkeit. Dies sind Eigenschaften, die mit den Vorväter verbunden werden. Awrahams kennzeichnende Eigenschaft war die Wohltätigkeit, Jizchaks war der G'ttesdienst und Ja'akows war die Tora. Am Ende der Tage wird die Verbundenheit mit der Tora und der G'ttesdienst abnehmen. Doch das Volk wird im Verdienst der Wohltätigkeit erlöst werden. Dies kann ideelle Wohltätigkeit wie ein Krankenbesuch sein, aber auch materielle wie Spenden für Bedürftige. Solange sich das Volk diese Wohltätigkeit behält, wird es erlöst werden. Dies alles ist in dem Midrasch und dem Pasuk angedeutet: Am Beginn werden alle drei Vorväter erwähnt, doch am Ende bleibt nur die Erwähnung Awrahams, der für Wohltätigkeit steht.
Eine andere Erklärung von Raw Schimon Schkop betont eine Besonderheit, wegen welcher sich Awraham einerseits von Jizchak und Ja'akov andererseits unterscheidet: Während zweitere Söhne von Zadikim waren und in einer religiösen Umgebung aufwuchsen, waren Awrahams Vater und Großvater Götzendiener und er wuchs unter der Herrschaft des G'ttesleugners Nimrod auf. Während also seinen Nachfahren die Erkenntnis, dass es einen allmächtigen G'tt gibt, in die Wiege gelegt wurde, musste Awraham sich das erst aus eigener Initiative erarbeiten. Der Midrasch kann auch in diesem Zusammenhang auf das Ende der Tage angewendet werden: Es wird einen Abstieg der Generationen geben, weshalb viele nicht mehr Kinder und Enkel aus religiösen Familien sein werden. Der Weg Jizchaks und Ja'akows steht ihnen also nicht mehr offen. Doch der Weg Awrahams, aus eigener Initiative zu G'tt zu finden, wird auch dann noch bestehen. Dies deutet der Midrasch damit an, dass am Anfang alle Vorväter erwähnt werden, am Ende aber nur mehr Awraham, dessen eigeninitiativer Zugang betont wird.
Am Ende der Parascha der Vorwoche wird von Terachs Tod berichtet und am Beginn der dieswöchigen Parascha vom Befehl G'ttes an Awraham, seine Heimat zu verlassen und ins Land Israel zu gehen. Es wirkt so, als wäre Awraham nach dem Tod seines Vaters aufgebrochen. Doch Raschi weist anhand anderer Psukim nach, dass die Reihenfolge umgekehrt war: Awraham verließ Charan bereits viele Jahre vor Terachs Tod in Richtung Israel. Dies ist Raschi zu Folge absichtlich in den Psukim "versteckt", damit man Awraham nicht verdächtigt, er habe das Gebot, seinene Vater zu ehren missachtet. Denn obwohl Awraham einen g'ttlichen Auftrag hatte zu gehen, und es auch sonst halachische Begründungen gegeben hätte, weshalb er die Stadt trotz der Anwesenheit seines Vaters verlassen durfte, hätte es Awraham nicht erspart, sich für sein Verhalten zu rechtfertigen. Es wäre trotzdem zu Chillul Haschem gekommen. Aus diesem Grund hat die Tora die Ereignisse in der falschen Reihenfolge berichtet und die Wahrheit nur bei genauerem Studium der Kommentatoren zugänglich gemacht. Jemand der einfach den Text liest, erfährt nicht, dass Awraham seinen Vater zu Lebzeiten verließ, und jemand, der die Tora genau studiert wird auch die Gründe Awrahams verstehen und es kommt zu keinem Chilul Haschem.
Es ist uns nämlich wichtig, dass selbst G'tt, der auf keine menschliche Zustimmung angewiesen ist, nicht zu Unrecht verdächtigt wird. Dies sehen wir zum Beispiel, als Mosche G'tt darauf hinweist, dass er das Volk in der Wüste nicht zerstören solle, denn die Ägypter und andere Völker könnten spotten, dass G'tt das Volk zwar aus Ägypten führen, es dann aber nicht unter Kontroll halten konnte.
Eine der Zehn Prüfungen Awahams war es, seine Heimat zu verlassen. Ihm wurde jedoch nicht gesagt wohin er gehen soll. Der Midrasch erklärt, dass die Motivation eines Reisenden steigt, je näher er seinem Ziel kommt. Teil der Prüfung Awrahams war es, den Weg zu beschreiten, ohne ein Ziel zu haben und trotzdem nicht zu verzweifeln. So erhielt Awraham auch für jeden einzelnen Schritt des Weges seinen Lohn.
Doch die Tora lehrt uns hier auch eine wichtige Botschaft: Manchmal ist auch der Weg das Ziel, sowie Awraham zunächst nur befohlen wurde, sich auf den Weg zu machen. Es war nicht sofort wichtig, wohin dieser Weg gehen soll. So hat auch jemand, der zur spät zur Tefila kommt und dann im Beit Knesset alleine betet, immerhin noch den Verdienst, den Weg zur Tefila beschritten zu haben. Das selbe gilt auch für jemanden, der zu einem Schiur geht, aber vor Müdigkeit sofort einschläft: Er hat vielleicht nicht gelernt, aber sogar der Weg zum Lernen ist ein Verdienst.
Generell ist unsere Aufgabe im Leben, zu versuchen. Ob wir unser Ziel dann erreichen, liegt nur in der Hand G'ttes. Das gilt für jemanden, der für seinen Freund einen Job sucht, für einen Arzt, der sich bemüht einen Menschen zu heilen, für einen Anwalt, der versucht für seinenen Mandaten ein günstiges Urteil zu erlangen oder für einen Schadchan, der versucht, einen Mann und eine Frau zusammenzubringen. Sie alle müssen sich bemühen, das ist ihre Aufgabe auf dieser Welt. Ob wir damit dann erfolgreich sind oder nicht, liegt in G'ttes Hand, aber wir müssen es versuchen!
G'tt befiehlt Awraham, seine Heimat zu verlassen, um in ein anderes Land zu gehen. Er erwähnt dabei zuerst nicht, wohin die Reise gehen soll. Dieser Befehl ist eine der zehn Prüfungen, denen Awraham unterworfen wurde. Doch weshalb sagte G'tt ihm zunächst nicht, dass er nach Israel gehen soll? Auch dann wäre dieser Befehl noch eine Prüfung gewesen!
Eine bekannte Mischna in Massechet Makkot sagt: "(...) G'tt wollte den Juden Verdienste zukommen lassen. Deshalb gab er ihnen Tora und Mizwot in großer Zahl (...)"
Für den Menschen ist es unangenehm, unverdiente Geschenke anzunehmen. Viel lieber erhält man normalerweise einen wohlverdienten Lohn. Nahezu jeder Mensch, gleichgültig ob Jude oder nicht, wäscht sich in der Früh die Hände, putzt sich die Zähne, trägt Kleidung, die die Beine bedeckt und steht für ältere Menschen auf, wenn diese einen Platz benötigen. Trotzdem befiehlt uns die Halacha, alle diese Dinge zu tun. G'tt will uns mit diesen Dingen, die wir ohnehin tun, die Gelegenheit geben, Verdienste zu erwerben, damit wir seine Wohltaten verdient erhalten und nicht als Geschenk.
Am Ende von Paraschat Noach steht, dass Terach seinen Sohn Awraham, seinen Enkel Lot und Awrahams Frau Sarah auf eine Reise nach Israel nahm. Unterwegs blieben sie schlussendlich in Charan. Doch nach dem Tod Terachs wollte Awraham den begonnenen Weg fortsetzen und nach Israel gehen. Aus diesm Grund erwähnte G'tt zunächst nicht, wohin die Reise gehen soll: Er wollte Awraham so den Verdienst geben, diesen Befehl, die Heimat zu verlassen, zu erfüllen, damit er sich so Verdienste erwerben konnte.
Die Tora beschreibt relativ ausführlich einen Krieg zwischen vier Königen gegen fünf Könige, in dessen Folge schlussendlich Awrahams Neffe Lot, damals ein Untertan von einem der fünf Könige, in Gefangenschaft geriet. Awraham machte sich sofort, als er davon hörte, auf, um Lot im Kampf zu befreien. Bekanntlich steht in der Tora nichts überflüssiges, weshalb sich die Frage stellt, weshalb dieser Krieg zwischen den Königen, der für uns scheinbar keine Bedeutung hat, so ausführlich beschrieben wird. Es fällt auch auf, dass in der Erzählung zwar einerseits Kedarla'omer als bedeutendster der vier Könige erscheint, andererseits aber in der Aufzählung der Könige mit Amrafel begonnen wird. Und es ist auch unklar, weshalb Awraham ein so hohes Risiko einging, mit einer kleinen Truppe gegen eine große Armee zu kämpfen. Ohne ein Wunder wäre er in diesem Kampf sicherlich gefallen, und man darf sich normalerweise nicht auf ein Wunder verlassen.
Der Midrasch erklärt, dass Amrafel Nimrod war, der dafür bekannt war, G'tt zu bekämpfen. Er war es auch, der Awraham ins Feuer werfen ließ, um zu beweisen, dass Awrahams G'tt keine Macht hätte, ihn zu retten. Doch Awraham überlebte durch ein Wunder und Nimrod verstand, dass er Awraham direkt nicht töten konnte. Doch Awraham und sein Neffe Lot sahen sich zum Verwechseln ähnlich. Laut dem Midrasch ist das auch der Grund, weshalb die beiden sich voneinander trennten und nicht mehr zusammen wohnen wollten. Nimrod fasste nun den Plan, Lot gefangen zu nehmen und ihn dann zu töten. Er wollte dann seinen Mitmenschen einreden, dass Awraham gefangen und getötet wurde. Damit wäre in seinen Augen bewiesen, dass G'tt Awraham nicht beschützen kann und daher nicht allmächtig ist. Es handelte sich bei dem Krieg also nicht um eine gewöhnliche Auseinandersetzung zwischen zwei Imperien. Der Konflikt war von Nimrod/Amrafel von Anfang an initiiert worden, um an Lot, der im Gebiet von einem der fünf Könige wohnte, zu kommen und so G'ttes angebliches Unvermögen zu beweisen. Aus diesem Grund wird die Episode von der Tora so ausführlich behandelt und Amrafel als erster genannt, obwohl er nicht der führende Heerführer war, und aus diesem Grund musste Awraham das Risiko auf sich nehmen, den Befreiungsversuch nicht zu überleben, denn es ging hier im die Entweihung des g'ttlichen Namens.
"Wisse, dass deine Nachkommen Fremde in einem Land sein werden, das nicht ihres ist (...) während 400 Jahren."
Raschi erklärt, dass Awrahams Nachfahren zwar nicht 400, sondern nur 210 Jahre in Ägypten waren, dass aber schon Jizchak von Geburt an wie ein Fremder in Israel gelebt hat und auch Ja'akov bereits ein "Fremder im eigenen Land" war, bevor er nach Ägypten ging. Deshalb spricht die Tora auch nicht explizit von Ägypten, sondern von einem "Land, das nicht ihres ist".
Josef konnte bereits absehen, dass seine Familie einst nach Ägypten gezwungen wird, um einer Hungersnot zu entgehen. Er befürchtete, dass dies sehr unangenehm für seinen Vater und seine Brüder werden könnte, da sie als Fremde unter lauter Einheimischen wohnen müssten. Daher lies er, nachdem er durch seine klug geplanten Getreideverkäufe nicht nur das ganze Land Ägypten verstaatlicht, sondern auch alle Bewohner zu Leibeigenen gemacht hatte, sämtliche Bewohner in andere Landesteile übersiedeln. So erreichte er, dass kurz vor der Ankunft seiner Familie jeder einzelne Bewohner des Landes ein Fremder war, und niemand verächtlich auf Ja'akov und seine Söhne schauen konnte. Im Buch Pninim Jekarim wird erklärt, dass G'tt Awraham diese Entwicklung andeutete, um ihn zu trösten, in dem er sagte, dass seine Nachkommen "Fremde unter Bewohnern eines Landes sein werden, das nicht ihres (also das der Bewohner) ist."
Die Zizzit, die am Ende der Parascha erwähnt werden, sollen uns durch eine Assoziationskette über einen hellblauen Faden, das Meer und das Himmelsgewölbe bis zum himmlischen Thron an das Einhalten der Gebote erinnern. Heute wissen wir nicht mehr genau, welchen Farbton der Faden haben muss, doch wie Raschi erklärt, ergeben der Zahlenwert des Wortes Zizzit und die Anzahl der Fäden der Zizzit und ihrer Knoten zusammen die Zahl 613, die Anzahl der Gebote der Tora. Wir sollen uns also durch die Zizzit an alle Gebote erinnern.
Doch wer denkt wirklich beim Anblick der Zizzit an die Gebote und wird durch sie dazu gebracht, alles einzuhalten? Erinnern kann man sich nur an etwas, das man bereits wusste, aber vergessen hat. Jemand, der sich mit der Tora und ihren Geboten beschäftigt, der zum Beispiel Tfilin legt, betet, Schabbat hält, kann auch einmal etwas vergessen. Wenn diese Person dann aber die Zizzit sieht, wird sie sich sofort an G'tt und die Gebote erinnern.
In der Gemara steht, dass unsere Feinde flüchten werden, wenn sie unsere Kopf-Tefilin sehen. Der Gaon von Wilna stellte dazu fest, dass wörtlich in der Gemara nicht steht, dass die "Tefilin des Kopfes", sondern die "Tefilin im Kopf" die Feinde vertreiben werden. Nur wenn man die Tefilin und ihre Bedeutung verinnerlicht und mit sich eins werden lässt, haben sie diesen Effekt. Wir müssen also die Gebote der Tora verinnerlichen, damit die Zizzit uns im Falle des Falles auch an ihre Einhaltung erinnern und die Tefilin ihre schützende Wirkung entfalten können.
Bei seiner Rückkehr aus Ägypten, wohin er wegen einer Hungersnot geflohen war, kehrte Awraham an die Stelle zurück, an der er bereits zuvor einmal einen Altar errichtet und wo er gebetet hatte. Einerseits ist es nicht besonders verwunderlich, dass jemand nach einem Auslandsaufenthalt an den Ort zurückkehrt, von dem er gekommen ist. Andererseits ist es deshalb auch im Prinzip nicht erwähnenswert, vor allem nicht in der Tora, in der nicht einmal ein unnötiges Wort steht.
Die Tora will uns damit die Wichtigkeit eines festen Platzes für das Gebet vermitteln. Da Awraham dort schon gebetet hatte, ist er dorthin zurückgekehrt.
Doch nicht nur für die Person selber ist ein Ort, an dem er einmal gebetet hat, von Bedeutung. Raw Schmelke von Nikolsburg kam einmal bei einer Reise an einen Ort, wo ihm im Beit Knesset ein Platz angeboten wurde, an dem er besonders gut beten konnte. Er war von dem Erlebnis so begeistert, dass er fragte, wer an genau diesem Platz früher gebetet hat. Ihm wurde mitgeteilt, dass überliefert ist, dass der Gaon von Wilna auf seinem Weg zur geplanten Abfahrt nach Israel, die schlussendlich nicht stattfand, durch diesen Ort kam und an genau diesem Platz gebetet hatte. Diese besondere Bedeutung eines Platzes, an dem eine wichtige Person gebetet hat, lernen wir in der Episode von Awraham Awinu.
In den Pirkej Awot steht als eines der zehn täglichen Wunder im Beit Hamikdasch, dass die Leute eng standen, aber ausreichend Platz zum Verbeugen und Niederknien hatten. Doch wieso mussten die Leute aufrecht eng gedrängt stehen und hatten nur beim Niederknien das Wunder des erweiterten Platzes?
Der zweite Oberrabbiner von Israel, Raw Jizchak Eisik Herzog (der Großvater des aktuellen israelischen Oppositionsführers und Vater des ehemaligen israelischen Präsidenten) erklärt, dass man beim Gebet an seinem Platz bleiben soll. Man soll also nicht nur im Beit Knesset einen festen Platz haben, sondern auch das ganze Gebet über auf diesem bleiben. Im Beit Hamikdasch war das durch den beengten Raum sichergestellt.
In der Parascha dieser Woche beschließen Awraham und Lot sich voneinander zu trennen, da sie beide viel Vieh besaßen und es zu Streit zwischen ihren Hirten gekommen ist. In der Folge siedelt sich Lot in Sedom an, einer Stadt, die später wegen ihrer durch und durch schlechten Natur zerstört wird. Auf den ersten Blick ist es unverständlich, weshalb Awraham, der dafür bekannt war, viele Menschen zum Glauben an G'tt gebracht zu haben, hier so leichtfertig auf die Möglichkeit verzichtet, seinen Neffen positiv zu beeinflussen und riskiert, dass er sich in Sedom von G'tt entfernt.
Für jeden Juden stellt sich die Frage, inwieweit man verpflichtet ist, andere Leute dazu zu bringen, an G'tt zu glauben und seine Gebote einzuhalten. Ein Parameter dabei ist auf jeden Fall, dass man nur zu Leuten spricht, die bereit sind, zuzuhören. Auch wenn sie nicht alles akzeptieren und anerkennen, muss zumindest die grundlegende Bereitschaft da sein, zuzuhören. Bei den Leuten, die von Awraham und Sarah zur Tschuwa gebracht wurden, war das gegeben. Doch Lot wollte nichts von G'tt und seinen Geboten hören. Deshalb trat sofort wieder G'ttes Befehl an Awraham vom Anfang der Parascha in Kraft: "Gehe weg von deinem Land, deiner Heimat, deiner Familie." Denn dieser Befehl war kein einmaliger, auf Awrahams konkreten Ort bezogener Befehl, sondern ein genereller Befehl, einen Ort des Götzendienstes und der G'ttesverleugnung zu verlassen, auch wenn dafür die eigene Familie verlassen werden muss. Da Lot sich nicht beeinflussen ließ und die Gefahr bestand, dass er einen negativen Einfluss ausüben wird, musste sich Awraham von ihm trennen.
Auch für uns ist es wichtig zu wissen, wann der Zeitpunkt ist, andere durch seine Nähe und seinen Einfluss G'tt näher zu bringen, und wann wir uns von ihnen entfernen müssen.
Es gab einen Streit zwischen den Hirten Awrahams und den Hirten Lots, und die Kena'aniter und die Prisiter lebten damals im Land.
Raschi erklärt uns, dass die Hirten Awrahams und Lots stritten, weil die Hirten Lots ihr Vieh in fremdem Privatgrund weiden ließen, was die Hirten Awrahams störte. Doch Lots Hirten versuchten sich für ihr Verhalten zu Rechtfertigen: Das ganze Land wurde Awraham versprochen, der aber keine Kinder hat. Daher würde Lot ihn einst beerben. Sie hätten also das Recht, das Vieh im ganzen Land weiden zu lassen. Raschi erklärt weiter, dass der Passuk auch gleich erklärt, weshalb ihre Argumentation nicht stimmte: Es lebten damals noch andere Völker in Israel, das Land wurde Awraham bisher zwar versprochen, aber noch nicht übergeben.
Auch wenn die Tora das Argument entkräftet, ist es schwer, der Argumentation überhaupt zu folgen. Selbst wenn das Land Awraham bereits gegeben wurde: Er lebte ja zu diesem Zeitpunkt noch, es gab daher noch keine Vererbung. Genauso wie ein Sohn seinen Vater nicht mit dem Argument bestehlen darf, dass er ihn ja einmal beerben wird, so wären die Hirten Lots auch unter der Annahme, das Land gehört Awraham, nicht im Recht gewesen.
Das Versprechen G'ttes an Awraham, ihm das Land zu geben, finden wir einige Sätze weiter vorne in der Tora: G'tt sagt Awraham: "Deinen Nachkommen gebe ich das Land." Später steht auch bei Jizchak: "Dir und deinen Nachkommen geben ich dieses Land." Und auch Ja'akov wurde das Land gemeinsam mit seinen Nachkommen versprochen. Wir erkennen also: Das Land wurde nicht Awraham gegeben, von dem es Jizchak, und später die 12 Stämme und schlussendlich wir erbten. Vielmehr wurde und wird das Land jedem einzelnen Juden von G'tt gegeben - unabhängig davon, dass wir auch einen Anteil von unseren Vorfahren erben, zurückgehend auf das Versprechen an Awraham.
Als Awraham hört, dass G'tt die Stadt Sdom zerstören will, setzt er sich sehr stark bei G'tt für denen Rettung ein, und versucht immer weiter zu diskutieren, um die Stadt noch zu retten. Doch es stellt sich die Frage, wieso sich Awraham so stark für eine Stadt einsetzte, die voller schlechter Menschen war, die sich unmoralisch verhielten und unmenschliche Gesetze hatten.
Vor der der Zerstörung von Sdom gab es einen Krieg zwischen einigen Königen, in Folge dessen Awrahams Neffe Lot, ein Bewohner Sdoms, gefangengenommen wurde. Um ihn zu befreien, führte Awraham einen Krieg gegen die siegreichen Könige, und konnte so Lot, aber auch die anderen Bewohner Sdoms, befreien. Deshalb wären ihm alle Bewohner und das ganze Vermögen Sdoms zugestanden. Doch er verzichtete darauf, denn er wollte sich nicht vorwerfen lassen, dass er wegen Sdom wohlhabend ist.
Doch diese Entscheidung Awrahams führte dazu, dass er die Bewohner Sdoms nicht positiv beeinflussen konnte. was schlussendlich dazu führte, dass Sdom so unmoralisch und verdorben wurde, wie es uns bekannt ist.
Deshalb fühlte sich Awraham für den Zustand Sdoms verantwortlich, und deshalb setzte er sich für sie ein.
Daher kommt auch unser Prinzip der gegenseitigen Verantwortlichkeit für einander. Wir sollten daraus als Lehre ziehen, dass wir nicht vor der Verantwortung flüchten, sondern füreinander einstehen sollen.
In der Parascha dieser Woche steht: "Und es gab einen Streit zwischen den Hirten Awrahams und den Hirten Lots, und die Kna'anim und die Prisim waren damals im Land." Daraufhin schlägt Awraham Lot vor, sich lieber zu trennen, denn da sie Verwandte sind, soll kein Streit zwischen ihnen herrschen.
Wenn es einen Streit gibt, kann man versuchen, sich zu versöhnen, oder sich aus dem Weg zu gehen, damit der Streit nicht ausbricht. Awraham war bekannt dafür, dass er mit allen Menschen gut auskam; er war gastfreundlich und brachte viele Menschen zum Glauben an G'tt. Wie kommt es, dass er sich ausgerechnet mit seinem Neffen Lot so zerstritten hat, dass sie keine Chance zur Versöhnung mehr sahen?
Die Lösung dazu liegt im - scheinbar damit nicht zusammenhängenden - zweiten Teil des Satzes: "… und die Kna'anim und die Prisim waren damals im Land." Es wird erklärt, dass dieser zweite Satzteil den Grund für den Streit erklärt.
Es könnte sich um eine Meinungsverschiedenheit darüber handeln, wer der Herrscher über das Land war: Die Hirten Lots meinten, dass das Land Lot – als einzigem Erben Awrahams, dem es G'tt versprochen hatte – zusteht. Awrahams Hirten hingehen beriefen sich auf die Anwesenheit der Kna'anim und Prisim im Land, wonach es Awraham also noch gar nicht geschenkt wurde.
Eine zweite Erklärung interpretiert den zweiten Teil des Passuks anders: Awraham sagt zu Lot: "Die Kna'anim und Prisim sind noch im Land, und sehen, wie wir uns streiten. Das führt zu Chilul Haschem, zur Entweihung des g'ttlichen Namens." Denn auch wenn man sich bemühen sollte, zusammen leben zu können, muss man es auf jeden Fall vermeiden, durch die andere Person schlecht beeinflusst zu werden, oder es durch interne Streitereien zu Chilul Haschem kommen zu lassen. Das erklärt, wieso Awraham so schnell zu einer so extremen Maßnahme greifen musste: Die Kna'anim und die Prisim waren im Land, und der Streit zwischen Awraham und Lot hätte ein schlechtes Licht auf sie geworfen und in Folge zu Chilul Haschem geführt.
In der Parascha dieser Woche verlässt Awram das Land Israel wegen einer Hungerplage und geht nach Ägypten. Unter den wichtigsten Tora-Kommentatoren gibt es darüber eine Meinungsverschiedenheit mit zwei sehr extremen Meinungen. Der Ramban (Nachmanides) sagt, dass Awram eine große Sünde begangen hat, in dem er das Land Israel ohne g'ttlichen Befehl verlies. Da G'tt ihm befohlen hatte, nach Israel zu gehen, hatte er dort zu bleiben. Die meisten anderen Kommentatoren rechnen es Awram als Verdienst an, dass er sich bei G'tt nicht beklagte, als die Hungersnot begann, sondern die richtigen Konsequenzen zog, und das Land verlies.
Bevor Awram mit seiner Frau nach Ägypten kam sagte er ihr, dass sie sich als seine Schwester ausgeben solle, da er befürchtete, dass sie von den Ägyptern begehrt werden würde, und diese ihn deshalb töten könnten. Als Awraham zuvor mit seiner Frau nach Israel gekommen ist, wo damals genauso wie in Ägypten eine fremde Bevölkerung lebte, äußerte er diese Befürchtung nicht. Was unterscheidet diese beiden Episoden?
Auch nach der Mehrheitsmeinung hat Awram zwar nicht gesündigt, als er nach Ägypten ging, er hat aber auch keine Mizwa erfüllt. Bei der Reise nach Israel aber handelten Awraham und Sarai auf einen direkten g'ttlichen Befehl hin - und jemand, der im Auftrag eines anderen eine Mizwa erfüllt wird vor Schaden bewahrt. Es gab deshalb bei der von G'tt befohlenen Reise nach Israel nichts zu befürchten.
Wir müssen uns bemühen, genauso wie Awram G'ttes Befehle zu erfüllen, damit das Erfüllen der Mizwot auch uns vor Schaden bewahre.
Nachdem Awraham und Sara gemeinsam mit Lot aus Ägypten ins Land Israel zurückkehren, können sowohl Awraham als auch sein Neffe Lot große Viehbestände züchten. Dadurch kommt es aber zu Streitereien zwischen den Hirten Awrahams und denen Lots.
Um die gespannte Situation zu lösen, schlägt Awraham seinem Neffen vor, sich voneinander zu trennen. Lot stimmt zu, und so geht er nach Sdom in den Osten, während Awraham im Westen bleibt.
In der Tora steht aber, dass Lot "vom Osten" wegzieht, was ja bedeuten würde, dass er in den Westen geht.
Der Midrasch erklärt, dass mit dem Wort "Kedem" in diesem Fall nicht "Osten", sondern G'tt gemeint ist. Lot zieht von G'tt weg, da er weder an Awraham noch an dessen G'tt interessiert ist. Dieses Verhalten ist eigentlich nicht verständlich. Lot war dabei, als Awraham vom Feuer verschont wurde, in das Nimrod ihn warf. Er zog mit Awraham und Sara aus seiner Heimat nach Knaan. Er erlangte durch Awraham großen Reichtum. Und als der Vorschlag der Trennung aufgebracht wird, willigt er sofort ein, ohne zumindest einen Versuch zu starten, die Probleme anders zu lösen.
Mit diesem Verhalten macht Lot klar, dass er sich für Awraham und für G'tt tatsächlich nicht interessiert. Er ist zwar mit Awraham nach Knaan gegangen, aber er hat Haran mit seinem Götzendienst geistig nie verlassen. Deshalb steht in der Tora zwar, dass Awraham und Lot nach Knaan kamen, im Plural, aber dass er Haran verlassen hat steht nur in der Einzahl, denn Lot ist, anders als Awraham, zumindest geistig, in Haran geblieben.
So verstehen wir auch den Anfang der Parascha besser, in dem Awraham befohlen wird, sein Land, seine Stadt und seine Familie zu verlassen. Dieser Befehl ist nicht nur geografisch gemeint, sondern auch als Aufforderung, Haran geistig zu verlassen. G'tt reicht es nicht, dass Awraham ins zukünftige Erez Israel geht - er muss auch die richtige geistige Einstellung dazu haben.