In der Tora wird Jeruschalajim nie beim Namen genannt. Wenn die Tora auf die Stadt Bezug nimmt, dann immer nur als den Ort, an dem der Tempel stehen wird. Sehr oft wird dabei überhaupt nur von "dort" gesprochen. Es gibt dazu mehrere Erklärungen. Eine ist, dass G'tt verhindern wollte, dass andere Völker den Ort kennen, bevor der Tempel gebaut wird und ihn durch Götzendienst entweihen. 
Am Ende der Parascha der Woche wird Awrahams 10. Prüfung beschrieben: Das Anbinden und vermeintliche Opfern seines Sohnes Jizchak. Dabei sagt G'tt Awraham, dass er Jizchak "dort" als Opfer darbringen soll. Damit wird erstmals in der Tora der Ort des zukünftigen Tempels mit diesem Begriff bezeichnet. Dies geschieht, um uns daran zu erinnern, dass der Ort erst durch diese Prüfung, die dort bestanden wurde, endgültig fertiggestellt und als zukünftiger Ort des Tempels geweiht wurde.
So wie wir die Taten der Vorfahren als Zeichen für uns betrachten, so erinnert uns auch G'tt an die Taten unserer Vorfahren.


Er saß vor der Türe seines Zeltes (...)

Raschi: Um zu sehen, ob Leute von da oder von dort kämen. (wörtlich: "vorbeigehen und zurückkehren")

Raschi beschreibt hier, dass Awraham am dritten Tag nach seiner Brit Mila vor seinem Zelt saß, um potentielle Gäste auszumachen, die er zu sich einladen könnte. Doch wörtlich schaute er nach Leuten, die vorbeigehen und "zurückkehren."
Wenn ein Gastwirt oder Händler feststellen will, ob er seine Arbeit gut macht, kann er die Kundenzufriedenheit daran messen, wie viele Stammkunden hat. Je mehr seiner Kunden auch wieder zu ihm zurückkehren, desto zufriedener sind sie anscheinend. Dies lernen wir von Awraham. Er lud nicht nur vorbeigehende Gäste ein, sondern schaute auch, welche Gäste vorbeigehen, und welche auch wieder zu ihm zurückkommen. Denn er war besorgt, ob er sich genug um seine Gäste kümmert, ihnen nicht zu wenig oder zu viel anbietet und ob er ihnen freundlich begegnet. Deshalb saß er beim Zelt und schaute, ob Leute auch zu ihm zurückkehrten.
Der Sefat Emet versteht das Wort zurückkehren im Sinne von "Chasara bitschwua", also der Rückkehr zum Weg G'ttes. Denn Awraham bewirtete seine Gäste nicht nur, er berichtete ihnen auch von G'tt und seinen Geboten. Ob er mit dieser Tätigkeit erfolgreich war, überprüfte er, indem er schaute, ob die Gäste, die bei ihm waren, später - zu G'tt - zurückkehrten. 


Da ward G'tt ihm sichtbar unter den Bäumen Mamres; während er vor der Tür seines Zeltes saß als der Tag glühte.
Raschi:"Saß" ist ohne Waw geschrieben: Er hatte gesessen und wollte aufstehen, da sagte G'tt zu ihm: "Setze dich und Ich werde stehen; und du seist ein Vorbild für deine Kinder; denn ich werde einst im Rat der Richter stehen, während sie sitzen." So heißt es (auch): "G'tt steht im Rat der Richter."

Raschi erklärt hier eine Abweichung in einer Schreibweise im Text der Tora dahingehend, dass Awraham von G'tt aufgefordert wurde, sitzen zu bleiben, obwohl er der g'ttlichen Gegenwart gegenüberstand, was normalerweise erfordert hätte, zu stehen. Aus diesem Umstand sollen seine Nachfahren lernen, dass ein jüdischer Richter, obwohl die g'ttliche Gegenwart bei einem Gerichtsverfahren anwesend ist, sitzen soll. Doch worin liegt der Zusammenhang zwischen dem Krankenbesuch bei Awraham zu einem Gerichtsverfahren? Weshalb lehrt uns der Krankenbesuch Regeln für Gerichtsprozeduren? Es wäre auch naheliegend, dass Awraham aufgrund seines Alters und der Schmerzen aufgrund der kürzlich erfolgten Brit Milah sitzen bleiben sollte.
Doch in Wahrheit fanden damals in Awrahams Zelt zwei Gerichtsverfahren statt. 
Zu Awraham kamen drei Engel. Einer um Jizchaks Geburt anzukündigen, einer um Awraham zu heilen, und der dritte, um Sdom und die anderen vier Städte zu vernichten. Der dritte Engel hatte bei Awraham scheinbar nichts zu tun. Doch den Bewohnern Sdoms hätte man ihr Verhalten nicht vorwerfen können, wenn es kein positives Gegenbeispiel gegeben hätte, damit sie sehen, dass es auch ein Alternativverhalten gibt. Die Entscheidung, dass Sdom zerstört werden kann, wurde im Zelt Awrahams getroffen, dessen Existenz ja das Urteil erst ermöglichte. Es wurde dort aber auch beschlossen, dass Lot und seine Töchter gerettet werden. Dies war notwendig, denn von Lot stammt über seine Tochter, Moaw, Ruth und König David schließlich dessen Nachfahre, der Maschiach ab. Es musste aber entschieden werden, ob Ruth, ein wichtiges Glied dieser Kette, überhaupt zum Judentum übertreten können und damit Boaz heiraten können wird. Denn die Tora verbietet Moabitern den Eintritt ins jüdische Volk. Es war zu entscheiden, ob das auch Frauen betrifft. Der Grund für das Verbot war die Weigerung der Moabiter, dem durchziehenden Volk Brot und Wasser anzubieten. Es wurde entschieden, dass dies nur die Aufgabe der männlichen Moabiter gewesen ist. Dies wurde ebenfalls in Awrahams Zelt entschieden, denn so wie Sarah nicht zu den Gästen stieß, sondern sich zurückzog, so sollte es auch dereinst die Aufgabe der moabitischen Männer sein, dem Volk Gastfreundschaft anzubieten.


Die Engel, die Awraham besuchten, aßen bei ihm Milch, Butter und Kalbsfleisch. Es wird zwar erklärt, dass die Engel möglicherweise zunächst Milch und Butter gegessen haben, und erst anschließend Fleisch. Doch der Midrasch berichtet, dass die Engel sich beschwerten, als Mosche im Himmel war, um die Tora in Empfang zu nehmen. Die Entgegnung, weshalb die Tora zu uns Menschen kommen und nicht bei den Engeln bleiben soll, war der Vorwurf, dass die Engel bei Awraham Fleisch mit Milch gegessen hatten, eben das Kalbsfleisch mit Milch und Butter. Wir sehen also, dass die Engel durch dieses einmalige Übertreten eines Verbots das Privileg verloren haben, die Tora in alle Ewigkeit zu behalten. Aus dieser Begebenheit kann man lernen, was die Kraft sogar einer einzelnen Übertretung eines Verbots ist. Man mag sich denken, dass man nur eine kleine Sünde begeht, dass es sich aber rechtfertigen lässt, oder schlicht "nicht so schlimm" sei. Doch die Auswirkungen einer einzelnen Sünde ist so gewaltig, dass die Engel sogar den Verdienst der Tora verloren haben.


Als die gesamte Einwohnerschaft Sdoms vor Lots Tür steht, um von diesem dessen Gäste ausgeliefert zu bekommen, geht er soweit, den Bedrängern anzubieten, seine beiden Töchter vor die Türe zu schicken, damit die Leute mit ihnen tun sollen, wie es ihnen gefällt. So sehr Lots Wunsch klar wird, seine Gäste so gut es geht zu beschützen, erschüttert es, zu welchen verdorbenen Maßnahmen er bereit ist. Die Tora berichtet uns von dieser Begebenheit, um darzulegen, wie tief Menschen fallen können und welche niedrigen Stufen wir erreichen können.
Die Gemara erklärt den Grund für die Zerstörung Jeruschalajims: Die Bewohner brachten Ihre Angelegenheiten vor ein Din Tora. Dies bedarf natürlich einer Erklärung, die die Gemara auch nachliefert: Sie gingen immer vor Gericht und klagten alles ein, sie bestanden auf alles, was ihnen rechtlich zusteht und gingen selbst nicht einmal minimal über das hinaus, was sie schuldeten. Denn letzten Endes haben bei so gut wie jedem Fall, der vor Gericht endet, beide Seiten Argumente für sich. Fälle, bei denen die Sach- und Rechtslage eindeutig ist, werden selten vor Gericht verhandelt. Da aber beide Argumente für ihre Position haben, wenn auch die des einen stärker sein mögen als die des anderen, sollte man nach Möglichkeit einen Kompromiss anstreben. Doch das taten die Bewohner Jeruschalajims vor der Zerstörung nicht, es gab nur ganz oder gar nicht.
Wenn dieses Verhalten vielleicht nicht sehr schön ist, verwundert es, dass es zur Zestörung Jeruschalajims führte. In den Tefilot der Jamim Noraim wird G'tt unter anderem beschrieben als: "er nimmt die Last der Sünde, des Verbrechens". Die Gemara erklärt: "Wem nimmt er die Last der Sünde ab - dem, der ein Verbrechen auf sich beruhen belässt." Das Ausmaß der Strenge des himmlichen Gerichts legt jeder Mensch für sich selbst fest. So wie man sich anderen gegenüber verhält, so verhält sich das himmlische Gericht auch einem gegenüber. Nachdem in Jeruschalajim nicht entgegengekommen und immer der Rechtsweg beschritten wurde, fiel auch die himmlische Bewertung der Sünden, die es gab, entsprechend streng aus. Es wurden zwar auch Mizwot gemacht, doch entsprechend des eigenen Verahltens der Bevölkerung musste ein strenger Maßstab angelegt und dementsprechend geurteilt werden.
G'tt rettete Lot und dessen Familie. Lot selber hatte einige Verdienste, unter anderem da er Awraham begleitete und Sarahs und Awrahams Identität in Äygpten nicht verriet, doch hätten diese vielleicht nicht gereicht, und seine Familie hatte nicht einmal diese Verdienste. Doch Lot und seine Familie hatten Erbarmen mit ihren Gästen, und auch wenn ihre Taten und Gedanken nicht richtig waren - ihr grundlegender Wesenszug im Umgang mit anderen war Erbarmen, weshalb sich auch G'tt, nach dem oben beschriebenen System, ihrer erbarmte und sie rettete. Die Tora beschreibt uns diese Episode also auch, um uns bewusst zu machen, wie bedeutsam die Art unseres Umgangs mit anderen ist. 


In der Gemara und im Schulchan Aruch wird erklärt, dass der Talit "mit der Umhüllung der Jischma'eliten" angezogen werden soll. Damit ist gemeint, dass der Talit über Rücken und Kopf gelegt und dann der Kopf eingewickelt und der Talit wie ein Schal um den Hals gelegt werden soll. Doch weshalb beschreiben das Gemara und Schulchan Aruch nicht so, und warum werden ausgerechnet die Jischma'eliten als Beispiel genommen, insbesondere, weil uns diese Beschreibung nichts sagt?

In der Parascha dieser Woche schicken Awraham und Sarah die Magd Hagar und ihren Sohn Jischma'el weg, woraufhin letzterer in der Wüste beinahe verdurstet. Im Himmel gab es eine heftige Diskussion darüber, ob Jischma'el gerettet werden soll, immerhin würden seine Nachkommen sonst in der Zukunft Jizchaks Nachkommen gefährden. Doch G'tt entschied, dass Jischma'el zum jetzigen Zeitpunkt keine Sünden begangen hatte und deshalb auch nicht bestraft werden kann. So tauchte als Wunder ein Brunnen auf, an dem Jischma'el sich laben konnte.

Vom genannten Prinzip profitieren wir auch zum Beispiel zu Rosch Haschana und Jom Kippur: Auch wenn wir zuvor gesündigt haben, und sogar wenn wir in Zukunft wieder sündigen werden, haben wir an diesen Tagen eine Chance auf ein gutes Urteil, denn wir werden immer nach unserem aktuellen Zustand bewertet, nicht nach dem zukünftigen Verhalten.

Zu Beginn der Tefila hüllen wir uns daher in einen Tallit, in der Art der Nachfahren Jischma'els, um uns daran zu erinnern, welche Botschaft mit diesem verbunden ist, nämlich dass wir immer nach unserem aktuellen Zustand beurteilt werden. Mit diesem Gedanken beginnen wir die Tefila, damit wir jetzt das Richtige tun und denken, sodass sie akzeptiert wird. 


Awraham wird von drei Engeln besucht. Raschi erklärt, dass drei Engel kommen mussten, da jeder Engel nur eine Aufgabe erfüllt. Während also ein Engel Awraham und Sarah die bevorstehende Geburt ankündigte, und einer Sdom zerstörte, kam der dritte Engel, um Awraham zu heilen. Doch dieser Engel war später auch dafür zuständig, Lot in Sdom vor der Zerstörung zu retten, hatte also scheinbar zwei Aufgaben. Raschi erklärt aber, dass es sich dabei um die gleiche Aufgabe handelte, nämlich einen Menschen vor dem Tod zu retten.

Doch die beiden Aufgaben sind noch mehr miteinander verbunden. Awraham lag das Schicksal der Bewohner Sdoms sehr am Herzen, doch natürlich lag ihm das Schicksal seines Neffen Lot noch mehr am Herzen, so sehr, dass er krank vor Sorge geblieben wäre, solange er seine Familie nicht in Sicherheit gewusst hätte. Auf einer so hohen Stufe kann man tatsächlich im wahrsten Sinne des Wortes mit anderen mitleiden.


Am Beginn der dieswöchigen Parascha diskutiert Awraham mit G'tt über die Zerstörung der Stadt Sdom. Awraham hält G'tt dabei vor, dass er nicht eine Stadt zerstören könne, in der sich 50 Gerechte befinden. Tatsächlich lässt G'tt ihn in der Folge wissen, dass tatsächlich nicht einmal 10 Gerechte in der Stadt waren. Doch dachte Awraham wirklich, dass G'tt eine Stadt mit 50 Gerechten zerstören würde? War nicht klar, dass G'tt das nicht zulassen würde, und dass es also anscheinend keine 50 Gerechten in der Stadt gibt?

Doch Sdom war nicht nur einfach eine Stadt voller schlechter Menschen. In Sdom war es geradezu geboten, ein schlechter Mensch zu sein. Die lokalen Gesetze verboten Wohltätigkeit und Gastfreundschaft. Wenn in einer solchen Stadt 50 Gerechte sind, haben diese anscheinend ihre Aufgabe, aktiv positiven Einfluss auf die Gesellschaft auszuüben, nicht erfüllt. Ähnlich verhielt es sich auch mit Noach, der es nicht schaffte, seine Mitmenschen zu beinflussen, weshalb er von ihnen getrennt auf ein Boot gesetzt werden musste, während die ganze Welt zerstört wurde.

Awraham verstand also, dass hier tatsächlich die Zerstörtung der Stadt drohte. Dem Einwand, dass die in der Stadt befindlichen Gerechten anscheinend ihre Mission nicht erfüllen konnten, entgegnete Awraham nun in seiner Diskussion mit den Worten: "Vielleicht sind 50 Gerechte inmitten der Stadt." Er meinte damit, dass man, falls sich noch 50 Gerechte in der schlechten Stadt befinden, diesen nun sagen könnte, dass sie "mitten in der Stadt" leben sollen, ihre Mitbürger verbessern sollen, damit die Zerstörung der Stadt abgewendet werden kann.

In den Pirkej Awot wird die Geschichte von Rabbi Jossi ben Kisma erzählt, dem von einem Fremden angeboten wurde: "Willst du für eine immense Geldsumme mit uns wohnen?" Doch er erwiederte, dass er auch für unermessliche Geldsummen nicht an einen Ort gehen wird, der kein Ort der Tora ist. Denn er verstand, dass die Bewohner der Stadt ihn zwar "mit uns" haben wollen, aber eben unter ihren Bedingungen. Doch wenn nicht die Chance besteht, dass er die Bewohner beeinflussen kann, hat es keinen Sinn, an einem Ort ohne Tora zu wohnen.


In der Parascha dieser Woche diskutiert Awraham mit G'tt und versucht diesen zu überreden, Sdom und die anderen vier Städte nicht zu zerstören. Nachdem er sich endgültig nicht durchsetzen konnte, steht in der Tora: "Und Awraham kehrte an seinen Platz zurück." Doch weshalb erwähnt die Tora diesen Umstand? Warum ist das für uns relevant?

Oft betet der Mensch für etwas und steckt viel Kraft und Zeit in sein Beten, Wünschen und Flehen. Doch wenn die Gebete nicht erhört werden, wenn man den Eindruck hat, nicht das bekommen zu haben, was gut für einen ist, kann man sehr leicht enttäuscht sein und das Beten zu G'tt aufgeben. Doch der Mensch sollte sich nicht entmutigen lassen, und weiter machen. So hat es uns auch Awraham Awinu vorgemacht: Er hat nicht bekommen, was er wollte, doch er ist "zu seinem Platz" zurückgekehrt, d.h. er hat er hat dort weitergemacht, wo er begonnen hat, mit der selben Hingabe und Begeisterung.

Wir müssen verstehen, dass auch wir nur unser bestes tun können, die Entscheidung liegt aber nicht bei uns. Doch das sollte uns nicht entmutigen, auch weiterhin zu G'tt zu beten, wenn wir etwas brauchen.


Und die Männer wendeten sich von dort nach Sedom.

Nachdem die drei Engel Awraham und Sarah von der zukünftigen Schwangerschaft Sarahs und von der bevorstehenden Zerstörung Sedoms berichteten, setzten sie ihren Weg fort. Raschi erklärt die an sich überflüssigen Worte "von dort" damit, dass Awraham seine Gäste noch ein Stück ihres Weges begleitete.

Die Bewohner Sedoms waren wirklich der Inbegriff von schlechten Menschen. Nicht nur, dass sie sich selbst schändlich verhielten, stellten sie auch Gastfreundschaft, Nächstenliebe und Wohltätigkeit unter Strafe. Doch um sie dafür bestrafen zu können, mussten sie zumindest die Gelegenheit gehabt haben, etwas anderes zu kennen. Nur weil die Bewohner Sedoms das positive Gegenbeispiel Awrahams hatten, konnte G'tt sie bestrafen. Das erklärt, wieso Awraham so intensiv und engagiert für diese Leute gebetet und mit G'tt verhandelt hat. Da er in gewissem Sinne die Ursache für ihre Bestrafung war, fühlte er sich verantwortlich und betete. Und das ist nach einer Erklärung auch der Grund, wieso die Tora betont, dass die Engel von Awraham loszogen - denn er war gewissermaßen die Rechtfertigung für das Ereignis.

Raschi erklärt uns, dass drei Engel auf dem Weg waren, weil jeder eine andere Mission hatte. Denn ein Engel kann nicht zwei Aufträge auf einmal erfüllen. Der erste sollte Sarah von ihrer bevorstehenden Schwangerschaft erzählen, der zweite die Zerstörung Sedoms ankündigen und der dritte, Rafael, sollte Awraham, der sich drei Tage zuvor beschnitten hatte, heilen. Rafael machte sich danach auf nach Sedom, um Lot zu retten. Dies war zwar seine zweite Aufgabe auf dieser Mission, doch die Kommentatoren erklären, dass die Heilung Awrahams und die Rettung Lots eine Mission darstellen. Denn Lot verdiente überhaupt nur gerettet zu werden, weil er seinerzeit, als Awraham seine Frau Sarah als seine Schwester ausgab, schwieg, und die wahren Umstände nicht preisgab, obwohl er sich Vorteile davon versprechen konnte, da er als Sarahs Bruder unter Umständen Schwager des ägyptischen Königs hätte werden können. Der Engel für die Rettung Awrahams und Lots ist also derselbe, da Lot überhaupt nur gerettet werden konnte, weil er damals mithalf, Awraham zu retten. Nach einer weiteren Erklärung ist das der Grund, weshalb die Tora betont, dass die Engel "von dort", von Awraham loszogen, denn nur wegen Awraham konnte sich Rafael auf den Weg machen, Lot zu retten. Lot alleine hätte nicht genug Verdienste gehabt, um durch einen Engel gerettet zu werden.


In der dieswöchigen Parascha kommen drei Engel zu Awraham, und er spricht daraufhin zu "Adonaj". Dieses Wort kann zwei Bedeutungen haben: Einerseits kann es sein, dass Awraham sich an die Engel wandte, und sie mit "meine Herren" ansprach. Anschließend spricht er in der Einzahl weiter mit dem wichtigsten der drei Engel, und sagt ihm, dass er ihnen jetzt Essen servieren wird.

Andererseits kann mit diesem Wort auch G'tt gemeint sein, wie wir es auch heute noch beim Gebet tun - in diesem Fall sagt er G'tt, dass er das Gespräch jetzt unterbrechen wird, um den Gästen Essen zu servieren.

Der Midrasch lernt aus dieser Begebenheit die Halacha, dass die Bewirtung von Gästen wichtiger ist, als das Empfangen der g'ttlichen Gegenwart. Doch woher wusste Awraham zu diesem Zeitpunkt von dieser Halacha? Sie wurde ihm ja davor von G'tt nicht mitgeteilt.

Gleich zu Beginn der Parascha dieser Woche und der Episode mit dem Besuch der Engel wird erwähnt, dass es an diesem Tag, dem dritten nach Awrahams Beschneidung, an dem er große Schmerzen hatte, sehr heiß war. Raschi erklärt, dass durch die ungewöhnlich große Hitze kaum Menschen unterwegs waren, damit Awraham, der aus Gastfreundschaft keine Gelegenheit ausgelassen hätte, Gäste zu bewirten, sich nach seiner Beschneidung ausruhen kann. Als es ihn aber so sehr störte, keine Gäste zu haben, schickte G'tt die Engel.

Awrahams Überlegung war folgende: G'tt hat es heiß werden lassen, damit keine fremden Gäste kommen und hat mir persönlich einen Krankenbesuch abgestattet. Wenn das direkte Gespräch mit G'tt wichtiger wäre als Gastfreundschaft, hätte ich ohnehin keine Gäste bewirten können - die Hitze wäre also nicht nötig gewesen. Das bedeutet also, dass die Gastfreundschaft wichtiger ist. Aus diesem Grund musste er das Gespräch mit G'tt verschieben und sich sofort an die Bewirtung seiner Gäste machen.


G'tt kündigte Awraham an, dass er Sodom und Amora zerstören wird, denn die Bewohner waren schlechte Menschen. Laut dem Midrasch war es verboten, Wohltätigkeit zu üben, oder Gäste zu beherbergen. Daraufhin beginnt Awraham zu verhandeln, und versucht G'tt zu überreden, die Städte im Verdienst von 50, 45, schließlich sogar nur noch 40, 30, 20 oder 10 Gerechten zu verschonen.

Wieso hat sich Awraham so sehr für diese Bösewichte eingesetzt?
Wenn wir eine schlechte Person verurteilen wollen, müssen wir uns zuerst fragen, ob wir die Situation hätten ändern können, ob wir also vielleicht für das Verhalten der Person verantwortlich sind. Man soll also gewissermaßen ein schlechtes Gewissen haben, und sich deshalb für diese Person einsetzen.

Ein Rosch Jeschiwa wollte einmal einen sehr schlechten Schüler, der auch die anderen störte, rauswerfen. Er beriet sich davor aber mit dem Chason-Isch, der ihn fragte, ob er ihn wirklich so einfach auf die Straße werfen, und ihm damit die Zukunft verbauen wolle. Er fragte ihn, ob er wirklich alles versucht und ein reines Gewissen habe. Es stellte sich heraus, dass der Rosch Jeschiwa nicht täglich mit dem Schüler lernte, weil er dafür keine Zeit hatte. Er erklärte sich bereit, einmal täglich mit ihm zu lernen, und sprach auch mit ihm. Schlussendlich kam der Schüler auf den rechten Weg zurück und wurde ein Talmid Chacham.

Wir lernen daraus, dass wir, so wie unser Vorvater Awraham, schlechte Leute nicht verurteilen sollen, sondern uns im Gegenteil fragen sollten, ob wir dafür verantwortlich sind, und was wir daran ändern können.


Es ist die Eigenschaft eines Zaddik, wenig zu reden und viel zu tun. Die Eigenschaft eines Rascha dagegen ist es, viel zu reden und oft nicht einmal wenig zu tun.

Man sieht das sehr schön am Vergleich zweier Episoden aus der Tora. In der Parascha dieser Woche bekommt Awraham Besuch von drei Engeln, die er aber zunächst als Menschen wahrnimmt. Sofort bittet er sie, einzutreten, ein Stück Brot zu essen, um dann den Weg fortzusetzen. Doch in Wirklichkeit serviert er seinen Gästen ein wahres Festmahl: Er schlachtet drei Kälber, um jedem Gast eine Kalbszunge anbieten zu können. Sein Frau Sarah bittet er, Kuchen zu backen. Als Vorspeise gibt es außerdem noch Milch und Butter.
Ganz gegenteilig verhält sich Efron, von dem Awraham in der Parascha der nächsten Woche eine Höhe als Familiengrabstätte kaufen möchte. Obwohl er zuerst betont, dass er dem hochangesehenen Awraham die Höhle schenken möchte, verlangt er schlussendlich einen sehr hohen Preis.

Zaddikim schaffen es, viel zu tun, in dem sie sich immer beeilen, gute Taten zu tun. Das sieht man auch in der Beschreibung des Besuchs der drei Engel bei Awraham: In Zwei Pssukim (Versen) wird dreimal der Ausdruck "Beeilen" und einmal der Ausdruck "Laufen" benutzt, denn Awraham bemühte sich, die Mizwa der Gastfreundschaft so schnell und so gut wie möglich zu erfüllen.

Über Raw Schach s.A. ist überliefert, dass er einmal nach einer Operation längere Zeit bettlägerig war. Doch die Ärzte versicherten ihm, dass er schon bald wieder gehen können werde. Doch er verneinte das mit der Begründung: "Ich bin in meinem Leben noch nie gegangen. Ich bin immer nur gelaufen, um so viele Mizwot wie möglich zu erfüllen."


Die dieswöchige Parascha beginnt mit der Erzählung, als G'tt Awraham "in den Gebieten von Mamre" besuchte. Raschi erklärt dazu, dass Mamre derjenige war, der Awraham bezüglich der Beschneidung (die am Ende der letzten Parascha stattgefunden hatte) beraten hat.
Dazu stellt sich natürlich die Frage, wieso Awraham sich mit jemanden beraten musste, wenn er den ausdrücklichen Befehl von G'tt hatte, sich zu beschneiden.

Eine Erklärung besagt, dass Awraham mit Mamre verbündet war. Da sie sich gegenseitig auch militärische Unterstützung im Angriffsfall zugesagt hatten, musste er es mit Mamre besprechen, bevor er sich mutwillig schwächte.

Eine andere Erklärung besagt, dass Awraham den Vorwurf vermeiden wollte, er handle voreilig und unbedacht. Aus dem selben Grund vergingen zwischen dem Befehl G'ttes zur Darbringung von Jizchak als Opfer bis zur Darbringung drei Tage, in denen Awraham genügend Zeit gehabt hätte, darüber nachzudenken und es sich anders zu überlegen.


Am Ende der Parascha wird von der (nicht durchgeführten) Opferung Jizchaks erzählt. Anschließend wird erzählt, dass Milka, Awrahams Schwägerin, Kinder geboren hat, und es werden die Namen ihrer Kinder und Enkel aufgezählt. Es stellt sich die Frage, weshalb dieser Stammbaum von Awrahams Bruder Nachor Erwähnung in der Tora findet. Raschi erklärt zwar, dass dies nötig ist, weil Rivka (eine Enkelin Nachors) die Ehefrau Jizchaks werde wird, aber auch diese Erklärung lässt offen, wieso der Stammbaum nach Rivkas Geburt weiter aufgezählt wird.
Außerdem ist die genaue Formulierung interessant: "auch Milka hat geboren ...". Wie ist das Wort "auch" in diesem Kontext zu verstehen?

Nachor und sein Bruder Awraham wurden zur selben Zeit geboren. Auch Nachors Frau Milka war ungefähr in Sarahs Alter. Sie war also, sowie Sarah, nicht mehr in einem Alter, in dem Frauen normalerweise noch Kinder gebären. Der Midrasch erzählt, dass zu der Zeit, als Sarah das Wunder geschah, dass sie in hohem Alter noch einen Sohn bekam, auch anderen Frauen dieser Wunder widerfuhr. Daher steht in der Tora, dass Milka "auch" Kinder gebar.

Wenn etwas außergewöhnliches passiert, wenn ein Wunder offensichtlich wird, muss man darauf reagieren. Man muss versuchen, näher zu G'tt zu kommen, sich zu erhöhen. Nach der Akedat Jizchak (Opferung Jizchaks), bei der ein Mensch ein unvorstellbares Maß an G'ttvertrauen bewiesen hat, hätte man sich vorstellen können, dass dies in der ganzen Welt beachtet und respektiert wird, und dass die Leute darauf reagieren, in dem sie sich G'tt nähern. Stattdessen nahm alles seinen gewohnten Lauf, und auch in Awrahams Familie nahm alles seinen Lauf, was durch die Erzählung von Nachors Nachwuchs verdeutlicht wird.

Wenn man allerdings die Augen öffnet, nachdem man Zeuge eines Wunders wurde, wird man sich G'tt nähern.